Das kleine Loch gestopft

■ Künftig 8,8 Mrd. Mark mehr Steuern/ Reformkosten der Bahn nicht bezahlt

Berlin (taz) – Mit der jetzt beschlossenen Mineralölsteuererhöhung um 13 Pfennige je Liter stopft die Bundesregierung lediglich eins ihrer großen Löcher. Die Einnahmen von 8,8 Milliarden Mark sollen allein für die Zinsen der Bahnschulden verwendet werden. Aber nicht einmal das zentrale finanzielle Problem der Bahnreform wird mit der Steuererhöhung gelöst – die Regionalisierung.

Während bisher der Bund vollständig für die Defizite der Bahn aufkommen mußte, sieht Krauses Reform vor, daß die Länder künftig den Nahverkehr selbst organisieren und finanzieren. Dazu sind die Länder auch gerne bereit – aber nur, wenn es entsprechende Ausgleichszahlungen aus dem Bundeshaushalt gibt. Da aber gibt sich Theo Waigel auch nach der Mineralölsteuererhöhung zugeknöpft. In seinem Vorschlag zum „Solidarpakt“ hat er die Bahnmilliarden sogar einfach aus seinem Haushalt gestrichen und bei den Ländern aufgeführt. Sein Sprecher Johannes Scheube rechtfertigte den rüden Schritt gegenüber der taz damit, daß die Länder sich weitaus weniger am Aufbau Ost beteiligten als der Bund. „Die Regionalisierung der Bahn bietet sich da als Ausgleich an“, so Scheube.

Doch so einfach geht das nicht. Ohne Zustimmung der Länder im Bundesrat ist die Bahnreform nicht machbar. Und diese Zustimmung wird es nicht geben, solange die Länder die Kosten für den öffentlichen Personennahverkehr alleine bezahlen sollen. Die Bundesregierung steckt also weiter in der Klemme: sie will die Bahnreform unbedingt so schnell wie möglich auf die Schiene setzen, weil sonst die Defizite rapide weiter wachsen. Allein im letzten Jahr fuhren Reichs- und Bundesbahn zusammen ein Defizit von 13 bis 14 Milliarden Mark ein. Hiobsbotschaften über eine anstehende Pleite wurden von Bahnchef Heinz Dürr mehrfach gestreut. Die Länderfinanzminister beeindruckt das weiter wenig. Verschiedene von ihnen haben sogar noch draufgesattelt. Sie wollen künftig auch von der Mineralölsteuer etwas abhaben, die schon bislang dem Bund satte 55 Milliarden Mark im Jahr einbrachte. Annette Jensen