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Giftmüll im Emsland gestoppt

Ruhrkohle-Tochter wollte giftige Bindemittel nach Polen und in die GUS verschiffen/ Über 3.000 Tonnen sollen zurück nach Gladbeck  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Berlin (taz) – Die illegalen Transporte von Giftmüll nehmen kein Ende. Vorgestern hat die niedersächsische Landesregierung mehrere tausend Tonnen Giftmüll im Emsland gestoppt. Die schwermetallhaltigen Bindemittel sollten per Schiff von Papenburg, Meppen und Dörpen an der Ems nach Polen und in die GUS transportiert werden.

Eigentümer der giftigen Bindemittel ist die Firma Umwelt, Technologie und Recycling (UTR) in Gladbeck. Die Firma betreibt eine Anlage, in der sie sogenannte Bindemittel (Mörtel) aus der Asche von Müllverbrennungsanlagen (MVAs) herstellt. Haupteigentümer der Firma ist die Hölter GmbH in Gladbeck. Die Ruhrkohle AG ist mit 25 Prozent beteiligt.

Aufgefallen waren die in Säcke abgepackten giftigen Bindemittel erstmals Ende Dezember. Der Leiter der Wasserschutzpolizei in Meppen, Dieter Mühlenstedt, hatte bei einem Kontrollgang kaputte Säcke mit dem Bindemittel entdeckt. Die Wasserschutzpolizei nahm eine Probe. „Wir haben uns Sorgen gemacht, ob eine Wasserbelastung von den kaputten Säcken ausgehen könnte“, so Mühlenstedt gestern zur taz.

Das Ergebnis der Studie machte noch ganz andere Sorgen. Die Bindemittel sind ganz erheblich mit Schwermetallen wie Blei, Cadmium und Zink belastet. Für Blei beispielsweise wurde eine Wert von 20.600 Milligramm pro Kilo gemessen, für Zink 7.700 Milligramm. Doch die Behörden streiten sich noch, ob es sich bei der Lieferung um Giftmüll oder um ein Wirtschaftsgut handelt. So gelang es der Firma nach Mühlenstedts Angaben noch Mitte Februar, ein Schiff mit 1.700 Tonnen Giftmüll auf die Reise nach Riga in Lettland zu schicken.

Hintergrund des Streits: UTR hatte behauptet, daß es sich bei dem Bindemittel in erster Linie um Asche aus der Hausmüllverbrennung handelt. Und die dürfte nach Ansicht der zuständigen nordrhein-westfälischen Behörden als Wirtschaftsgut nach Polen verschifft werden.

„Einfach nicht glaubhaft“, argumentiert das niedersächsische Umweltministerium jetzt. Die Schwermetallbelastungen seien viel zu hoch. Für Schlacke aus Müllverbrennungsanlagen liegt der Grenzwert für die Schwermetallbelastung nämlich bei 1.000 Milligramm Blei pro Kilo.

Der Verdacht gegen die UTR verstärkte sich noch, als der zuständige Leiter der Sondermüllabteilung in Hannover, Erhard Edom, mit dem polnischen Institut telefonierte, das der UTR die Unbedenklichkeit der Lieferung bescheinigt hatte. Die Schadstoffwerte aus den dortigen Messungen stimmten nicht mit denen im Emsland überein.

Der Landkreis Emsland besteht jetzt auf einer Rücknahme des Giftmülls durch den Verursacher. Die Staatsanwaltschaft in Osnabrück hat Ermittlungen aufgenommen.

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