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Transsexualität: Operation als Lösung?

■ Geschlechtsumwandlung zwischen genetischen und gesellschaftlichen Ursachen / Diskussion in Winterhude

zwischen genetischen und gesellschaftlichen Ursachen / Diskussion in Winterhude

Ist operieren der richtige Weg, wenn ein Mensch fühlt, daß er im falschen Körper auf die Welt gekommen ist? Wo liegen die Ursachen des Phänomens „Transsexualität“? Die DiskussionsteilnehmerInnen am Freitag in der Bücherhalle Winterhude waren sich ganz und gar nicht einig.

„Seit einem halben Jahr bin ich komplett transformiert“, erzählt Iris Donaubauer von der Transsexuellen-Gesellschaft Hamburg. Der mehrjährige Weg vom Mann zur Frau ist damit bei ihr abgeschlossen. Transsexualität, glaubt sie, hat genetische Ursachen.

Kai Staupe wurde 1983 zum Mann operiert. Seine Eltern haben ihm von klein auf zu verstehen gegeben, daß er nicht das von ihnen gewünschte Geschlecht hat, begründet er seine Situation. „Vielleicht hätte ich meinen Kopf dem Körper anpassen können. Bei mir lief es eben anders, und ich fühle mich jetzt besser.“ Beide halten aus eigener Erfahrung die Operation für einen geeigneten Weg aus dem Rollenkonflikt.

Anders sieht das allerdings Johanna Kamermans. Die Autorin des Buches „Mythos Geschlechtsumwandlung“ erkannte zwanzig Jahre nach ihrer Operation, daß sie in die Frauenrolle nur geflüchtet ist. „Ein Mann muß nicht zur Frau werden, um seine weiblichen Anteile auszuleben. Kastration macht den Menschen kaputt. Darum löst eine Geschlechtsumwandlung keine Probleme“.

Alles „Banane!“ meint auch der Therapeut Marcus Wawerzonnek vom Institut für interdisziplinäre Sexualforschung. Er ist sicher daß seine Erkenntnisse über die Ursachen der Transsexualität bald genauso anerkannt werden, wie Galileis Entdeckung, daß die Erde eine Kugel ist. „Transsexualität ist eine Konstruktion von sehr verletzten Menschen“, sagt er. Man müsse ihnen helfen, ihre gewaltvolle Vergangenheit aufzuarbeiten, statt mit einer Operation einen weiteren Gewaltakt zu begehen. Als Beleg verweist er auf seine Arbeit: „Alle, die bei mir in Behandlung waren, haben das eigene Geschlecht gewählt.“

Damit stieß Wawerzonnek allerdings auf heftigen Widerspruch. „Du übst doch selbst Gewalt aus, wenn das Ergebnis deiner Therapie von vornherein feststeht“, wirft ihm eine Besucherin vor. Auch Iris Donaubauer kann einen Zusammenhang zwischen Angsterlebnissen und Transsexualität nicht erkennen. „Ich bin in einer offenen Familie aufgewachsen und habe nie sonderlich Angst gehabt.“ Trotzdem sei sie transsexuell. Eine Therapie solle zur Selbstfindung helfen, sagt Donaubauer: „Wir müssen jeden Menschen so akzeptieren wie er ist und ihm nicht unsere Vorstellungen vom Leben aufdrängen“. Werner Hinzpeter

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