■ Neu im Kino: "Hoffa" von Dany DeVito: Ausstaffierte Fettfresse
Neu im Kino: „Hoffa" von Dany DeVito
Ausstaffierte Fettfresse
Waren das Zeiten, als amerikanische Gewerkschafter bis zum Äußersten gingen, um neue Mitglieder in die Arbeiter-Vereinigungen zu zwingen. Wenn die ängstliche Arbeiterklasse noch nicht mitmachte, fackelten die Syndikalisten einfach deren Betriebe ab. Molli gebastelt. Bumm. Wir kriegen euch.
Dabei ging auch schon mal was schief. Billy Flynn war einer dieser unerschrockenen Kämpfer für die Rechte und Pflichten des Proletariats, den es bei so einer Aktion erwischte. Er endete als halbtotes Brikett im Krankenhaus. Aber, einmal Arbeiter, immer Arbeiter — selbst bei der Absolution, den Tod vor Augen, hat Billy Flynn nur diesen Satz für den Priester übrig: „Leck' mich am Arsch“.
Der amerikanische Spaßvogel Danny DeVito hat ernsthaft versucht, einer der Gewerkschafts- Legenden ein Denkmal zu setzen: James „Jimmy“ R. Hoffa, kurz „J.R.“. Jack Nicholson spielt Hoffa, stiernackig, kahlgeschorenen über den Ohren, zweieinviertel Stunden lang. Ihm zur Seite: Der quirlige Kalfaktor Bobby Ciaro, klein und dick. Den spielt Danny DeVito selbst.
„J.R.“ und Bobby, das ungleiche Paar, müssen viele Abenteuer bestehen. In beeindruckenden Massenszenen, wenn die Kapitalistenschweine die Arbeiterklasse zu spalten trachten, dann holen sich die zwei Gewerkschafter auch schon mal blutige Köpfe. Viele Verletzte, sogar ein paar Tote fordert so ein Arbeitskampf lernen wir im Kino. Und da Mr. DeVito offenbar ein ernstzunehmender Hollywood-Regisseur sein möchte, filmt er das in wunderschönen Bildern. Seine Kamera ist immer in Bewegung, höchst einfallsreich umschwirrt sie die Akteure. Mal taucht sie unerwartet aus höchsten Höhen in Nicholsons wohlaustaffierte Fettfresse, mal schwenkt sie über nächtliche Landstraßen und stoppt abrupt am Fenster eines Lasters. Wirklich gelungen, diese Kamera-Spielereien. Nur, was das mit der ohnehin spärlichen Handlung zu tun hat, erschließt sich nicht.
Hoffa ist der mißlungene Versuch, ein bekanntes Filmgesicht, Jack Nicholson, eine historische Figur, Jimmy Hoffa, und „großes“ Kino unter einen Hut zu bekommen. Der Niedergang des Denkmals Hoffa, seine Verbindungen zur Mafia, die Menschen, die ihn umgeben — alles bleibt blutleer. Ob Hoffa nun ein Schwein war oder der Robin Hood der Arbeitermassen — die Figuren verharren insgesamt in der Eindimensionalität eines Photoromans.
Frauen kommen in diesem überlangen Schnarchstreifen nur als Hüpfdohlen oder klatschende Ehefrauen vor. Bis zum Schluß, wenn „J.R.“ und Bobby in Slow- Motion gemeuchelt werden, verdichtet sich der Eindruck, daß es DeVito schnurzegal war, wer Hoffa wirklich war. Hauptsache, der Regisseur war selbst oft genug im Bild. J.F. Sebastian
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