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Salmonelle fühlt sich im Osten wohler

■ In Ostberlin liegt die Zahl der Salmonellen-Erkrankungen deutlich höher als im Westteil/ Forscher: Viele Gründe

Berlin. „Tut mir leid, wir nehmen keine Eierkartons mehr zurück. Da könnten Samonellen dran sein.“ Dirk vom Bioladen „Arche“ erklärt, daß er die Meldungen über das Ausbreiten der Epidemie sehr ernst nimmt. Bricht jetzt auch in Berlin die Samonellen-Panik aus? Im letzten Jahr wurden 7.200 Fälle von Samonellenvergiftungen in Berlin bekannt. „Das sind die Fälle, die wir von den Ärzten gemeldet bekamen“, sagt Dr. Anna Vesirow von der Senatsverwaltung für Gesundheit. Nach dem Bundesseuchengesetz müssen Samonelloseerkrankungen gemeldet werden. Dennoch geht Frau Vesirow von einer weit höheren Zahl von Erkrankungen aus.

Erstaunlicherweise liegen die Zahlen für den Ostteil doppelt so hoch wie für Westberlin. In den östlichen Bezirken sind letztes Jahr 3.858 BürgerInnen mit Samonellenvergiftung zum Arzt gegangen. In den westlichen Bezirken waren es nur 3.351, obwohl hier fast doppelt so viele Menschen leben. Dieser Ost-West-Unterschied zeigt sich auch, wenn man die Zahlen für Gesamtdeutschland vergleicht.

Woran das liegt? Dr. Thomas Richter vom Robert-Koch-Institut erklärt sich diesen Unterschied vor allem dadurch, daß die MedizinerInnen aus der Ex-DDR gewissenhafter alle Fälle melden. Seit der Wende ist die Zahl stark angestiegen. Dies lasse sich, so Dr. Hartung von der Zentralstelle für Veterinärmedizinische- und Samonelloseforschung, unter anderem damit erklären, daß „verseuchte Tiere aus dem Westen herübergeschwappt sind“. In Deutschland gäbe es nur drei bis vier große Zuchtanlagen für Küken, die alle Geflügelfarmen beliefern, erklärt Jürgen Kundtke, Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums. „Ist eine solche Großzuchtanlage mit Samonellen verseucht, werden diese über das ganze Land verteilt.“

„50 Prozent der Abwässer von Ostgemeinden werden ungeklärt in die Natur geleitet“, sieht Dr. Matthias Hartung einen weiteren Hinweis für die höhere Erkrankungsrate. Mancherorts sei auch das Trinkwasser von sehr schlechter Qualität. Darüber und durch Fliegen und Mäuse könnten sich die kleinen gemeinen Bakterien gut verbreiten.

Ein Grund zur Panik bestehe jedoch nicht. Ein „Broiler“ sei immer noch ein gesundes Lebensmittel. Ordentliches Kochen mache auch der gemeinsten Samonelle den Garaus, weiß Dr. Hartung. „Da ist es egal, ob es ein Ossi- oder ein Wessi-Hühnchen ist.“ Julia Gerlach

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