: Gezielte Schüsse bestritten
■ Neunter Mauerschützenprozeß
Berlin. Der des Totschlags angeklagte DDR-Grenzsoldat im neunten Mauerschützenprozeß hat am ersten Sitzungstag bestritten, gezielt auf den Flüchtling geschossen zu haben. Der Lauf seiner Kalaschnikow sei ihm nach oben gerutscht. Der 46jährige wird beschuldigt, am 6. Juni 1968 einen 28jährigen Westdeutschen aus drei Metern Entfernung getötet zu haben. Dieser war über den Grenzübergang Friedrichstraße in die DDR gekommen und wollte sich offenbar das Brandenburger Tor „angucken“.
Der arbeitslose Kellner aus Dresden, der zur Tatzeit 21 Jahre alt und Postenführer am Grenzabschnitt Brandenburger Tor war, verwickelte sich vor der 31. Großen Strafkammer unter Vorsitz von Hartmut Füllgraf in Widersprüche. Bei einer polizeilichen Vernehmung 1992 soll der Angeklagte von Schüssen auf die Füße gesprochen haben, so der Richter. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm dagegen drei „gezielte Schüsse“ aus drei Metern Entfernung vor. Das Opfer starb später an zwei Kugeln im Brustkorb.
Der Angeklagte gab an, daß der Westdeutsche nach einigen Schritten in Richtung Brandenburger Tor umgekehrt und auf ihn zugekommen sei. Trotz mehrerer Warnschüsse und Rufe von zwei Grenzposten sei er nicht stehengeblieben. „Ich habe wahrscheinlich das große Flattern gekriegt“, berichtete der frühere DDR-Unteroffizier. Er habe erst während der ersten Hilfe für den Verletzten erfahren, daß es sich um einen Bundesbürger handelte.
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