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Pädagogische Spielchen

■ betr.: "Grüne drücken sich um Debatte", taz vom 3.3.93

betr.: „Grüne drücken sich um Debatte“, taz vom 3.3.93

Rainer Winkel hat, wie zuvor schon Beate Scheffler, an einem Tabu gerührt. Die Denkweise ihrer KritikerInnen ist schlicht: Wer nicht „linke Erziehung“ vertritt, steht rechts.

Ohnehin dient dieses Links- rechts-Schema nicht einer konstruktiven Diskussion. Wer wie Roland Appel den Ausführungen von Rainer Winkel entgegensetzt, dieser lasse sich von der Gegenseite politisch instrumentalisieren, entzieht sich der inhaltlichen Auseinandersetzung und muß sich den Vorwurf gefallen lassen, an einer Verbesserung von Schule und Klima nicht interessiert zu sein. Gewiß ist es bitter, sich Scheitern eingestehen zu müssen. Es ist bitter, Standpunkte, die man schon als Glaubenssätze verinnerlicht hatte, neu überdenken zu müssen. Es ist bitter zu sehen, daß das Engagement für eine gute Sache umsonst gewesen sein soll.

Die Schulform Gesamtschule konnte nur wenig von ihren Versprechungen einlösen. Daran können und sollten wir nicht vorbeisehen, wenn uns die Qualität von Schule wichtiger ist als das verzagte Festklammern an sogenannten linken Glaubenssätzen. Der Mißerfolg mag viele Ursachen haben – warum nicht auch dort suchen, wo es unbequem ist, wo wir Verantwortung tragen? Sabina Suhrmann, Vlotho

[...] Herr Prof.Winkel hat nicht im entferntesten den von den konservativen Biedermännern insinuierten ursächlichen Zusammenhang von rassistischer Gewalt und emanzipatorischen Erziehungskonzepten gestützt. Er hat sich darauf beschränkt, ohne jeden Zusammenhang zum Thema der Anhörung thesenhaft darzustellen, welche Fehler er bei „manchen“ AutorInnen früherer pädagogischer Emanzipationsliteratur sieht. Im Rahmen einer Anhörung „Emanzipatorische Erziehung – Bilanz und Perspektiven“ wäre sein Beitrag sicherlich von Interesse gewesen.

Zum restaurativen Amalgam „Gewalt und Erziehung“ hatte bereits eingangs Professor Brumlik derart Unmißverständliches geäußert, daß Herrn Jakobs das nicht ins Agitprop-Konzept paßte und folglich auch keiner Erwähnung wert war. Sicher kein Zufall, daß auch die Beiträge aller übrigen Sachverständigen (außer Prof.Winkel) mit der polemischen Worthülse „längst breitgetretene linke Erklärungsmuster“ erledigt werden. Herrn Jakobs langjährige journalistische Arbeitsweise, nicht zuletzt die erneut auf meinen Kollegen Roland Appel angewandte Maxime „beim Kaputtschreiben nicht mit den Betroffenen reden“, qualifiziert ihn für eine Aufgabe beim Sondereinsatzkommando „Desinformation“ der Gesinnungspolizei – der realexistierenden, schwarzrotgelben.

Unter den TeilnehmerInnen der Anhörung bestand jedenfalls breitester Konsens, daß die Suche nach den Ursachen der rassistischen Gewaltwelle in den Bereichen Erziehung/Bildung/Familie jene Methode ist, mit der der politische Nadelstreifen-Rassismus seine maßgebliche Verantwortung für die Ereignisse der letzten Jahre zu entsorgen gedenkt. Daniel Kreutz, enttarnter

„Gesinnungspolizist“ in der

grünen Landtagsfraktion NRW

[...] Seit wann hat denn sogenannte „links-emanzipatorische Pädagogik“ jemals etwas Systemveränderndes zustande gebracht? Pädagogik war immer schon eine Reproduktionsmaschine für die jeweiligen Staatsinteressen. Das kann gar nicht anders sein, sind LehrerInnen oder andere ErziehungswissenschaftlerInnen doch Staatsbeamte, die an einen Lehrplan gebunden sind, und der gilt eben auch für „linke“ Menschheitsveredeler. Der winzige Spielraum, den nun Alternativpädagogen z.B. in den sogenannten „freien“ Schulen haben, reicht aber bei weitem nicht aus, um zum Beispiel die in der Gesellschaft vorhandene, weil vom deutschen Staatsverständnis angelegte, rassistische Gewalt auch nur annähernd einzudämmen.

Der Rassismus ist dem deutschen Staat immanent und nur politisch zu bekämpfen. Mit pädagogischen Spielchen verschleiert man nur die Tatsachen und spielt ein bißchen mit im Orchester der Sinnstifter. Niemals kann es gelingen, in diesen Verhältnissen, die a priori zur Fremdbestimmung führen, „einzelne zu befähigen, ihren eigenen Weg zu gehen“. (Winkel)

Eine gründliche Kritik an der Pädagogik, gleich ob konservativer oder emanzipatorischer Ausrichtung, würde etwas weiterhelfen. Doch stehen da eben GEW, die emanzipatorischen Erzieher und Reformpädagogen im Schulterschluß dagegen. Und es ist Freerk Huisken zuzustimmen, der den Herrschaften vorgeworfen hat, sie leisteten die „radikal falsche Schulkritik“. Meine Damen und Herren: Richten Sie doch ihre Kritik an den deutsch-rassistischen und kapitalistischen Staat, und Sie werden sehen, dann geht die Post ab. Aber Vorsicht, in einem bestimmten Stadium droht das Berufsverbot! Gerhard Kern, Morbach

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