: Städtischer Kompost für Bürgers Blumenkübel
■ Versuchsanlage in Bergedorf weist den Weg für neue Biomüll-Fabriken / Prima Klima für Mikroorganismen / 900 Tonnen Düngerersatz
/ 900 Tonnen Düngerersatz
Es stinkt nicht, es riecht — ein bißchen nach Walderde, ein bißchen nach Orangen — im Komposthof in Bergedorf. Davon haben sich am Samstag beim Tag der offenen Tür an die 500 BesucherInnen mit eigener Nase überzeugt.
Die Stadtreinigung betreibt die Versuchsanlage seit Herbst 1991. Küchen- und Gartenabfälle, die 3200 Bergedorfer Haushalte sammeln, werden alle 14 Tage abgeholt, 900 Tonnen waren es im vergangenen Jahr. Im Komposthof trennt ein Sieb zunächst Grobes von Feinem. Übers Förderband laufen Kartoffel- und Eierschalen, Kaffeefilter, vertrocknete Topfpflanzen. Aber auch unerwünschtes: „Wir hatten hier schon alles Mögliche drin, Flaschen, tote Tiere und Batterien“, berichtet Nele Zeidler, die Leiterin des Komposthofes.
Entsorger der Stadtreinigung sortieren per Hand die „Störstoffe“ aus, den Rest zerkleinert ein Schredder. Der zerhackte Abfall wird dann in eine der sechs Rotteboxen gefüllt. Dort werden Mikroorganismen aktiv. Durch die elektronisch gesteuerte Luftzufuhr verrotten die Bioabfälle viel schneller als auf einem gewöhnlichen Komposthaufen. Nach sechs Wochen wird der Frischkompost zu dampfenden „Mieten“ aufgehäuft. Es dauert jetzt noch einmal sechs bis acht Wochen, dann ist aus Müll wertvoller Dünger geworden.
Bodenkundler der Universität kontrollieren laufend Nähr- und Schadstoffe im Bergedorfer Kompost. Bisher lag der Schadstoffgehalt immer deutlich unter den Richtwerten. „Nur einmal, nach Weihnachten, hatten wir zuviel Blei drin. Das muß das Lametta von den Tannenbäumen gewesen sein“, vermutet Nele Zeidler.
Der Kompost wird auf dem Hof an Landwirte verkauft. „Es ist keine Blumenerde, sondern Bodenverbesserer. Nicht zuviel und nicht pur verwenden, sonst schießen die Pflanzen in die Höhe und kippen dann um“, warnt die Leiterin des Komposthofes. Auch zur Auffrischung der Erde in Balkonkästen und Blumentöpfen sind die recycelten Küchenabfälle gut.
Ein Drittel des Hamburger Hausmülls sind Küchen- und Gartenabfälle, jährlich fallen rund 600000 Tonnen an. Durch Kompostierung könnten die Abfallmengen, die verbrannt oder deponiert werden müssen, verringert werden. Die Umweltbehörde plant daher vier große Kompostwerke für insgesamt an die 100000 Tonnen Biomüll.
Und stößt dabei auf Hindernisse. In diesem Jahr sollte mit dem Bau der ersten Kompost-Fabrik begonnen werden. In Bergedorf, direkt an der erfolgsversprechenden Versuchsanlage. Daraus wird wohl nichts. Nach den Plänen der Stadtentwicklungsbehörde werden dort jetzt statt dessen Wohnungen gebaut (die taz berichtete). Am Ausweichstandort in Moorfleet kann frühestens 1996 das Kompostieren in großem Stil losgehen. Bis dahin müssen sich die Kompostierer mit der kleinen Versuchsanlage zufrieden geben. Vera Stadie
Kompostverkauf auf dem Komposthof, Curslacker Neuer Deich 55, Montag bis Donnerstag 7 bis 15 Uhr, Freitag 7 bis 12 Uhr. Verkauf auch auf dem Recyclinghof, Kampweg 9, Montag bis Freitag 8 bis 16.30 Uhr, Dienstag bis 18 Uhr, Samstag 8 bis 14 Uhr. 15 Liter kosten eine Mark, 50 Liter drei Mark und ein Kubikmeter 20 Mark.
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