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■ El Salvadors Wahrheitskommission leistet mutige ArbeitEin wirklicher Neuanfang

Wie kam eine Gruppe hoher Offiziere auf die Idee, den Rektor der Jesuitenuniversität und weitere Mitglieder der intellektuellen Creme der salvadorianischen Gesellschaft zu liquidieren — ohne zu befürchten, alles könnte auffliegen? General Ponce und die anderen Militärs setzten auf das System der „impunidad“, der Straflosigkeit, das jahrzehntelang unangefochten funktioniert hatte: Ein Offizier, speziell im Krieg, konnte sich gegenüber Zivilisten jede Freiheit herausnehmen, auch die, über Leben und Tod zu richten. Diese Regel hatte in El Salvador gegolten, bis der Prozeß um die Morde an der Universität die Unantastbarkeit der Uniformierten in Frage stellte. Doch selbst dann noch dachten General Ponce und seine Leute, durch Einschüchterung von Zeugen, Vernichtung von Beweismitteln und Vorschieben eines Sündenbocks nicht nur ihre Haut, sondern auch ihre Machtpositionen retten zu können. Mehr als drei Jahre nach dem Verbrechen waren sie immer noch in Amt und Würden. Erst als die USA dem Verteidigungsminister steckten, der Bericht der Wahrheitskommission entlarve ihn als Auftraggeber des Mordes, trat dieser den Rückzug an. Bis zuletzt hatte er nicht begriffen, daß die alten Strukturen nicht mehr funktionierten.

Auch die Skeptiker, die den Friedensvertrag als ehrenvolle Kapitulation der FMLN sahen, müssen jetzt erkennen, daß die Verhandlungslösung weit mehr mit sich bringt als nur eine Reform des Wahlgesetzes und die Umwandlung der Guerilla in eine politische Partei. Sowohl die Ad-Hoc-Kommission, die die Säuberung der Armee von über hundert Offizieren empfahl, als auch die Wahrheitskommission, die sich nicht scheute, auch Prominente als Auftraggeber von Mord, Folter und Vergewaltigung zu nennen, haben ihre Aufgabe sehr ernst genommen. In Argentinien, wo nach der Diktatur einigen Generälen exemplarisch der Prozeß gemacht wurde, die Strukturen der Armee aber intakt blieben, muß heute die Zivilregierung wieder nach der Pfeife der Militärs tanzen. Und in Nicaragua, wo eine Generalamnestie eine Untersuchung der Kriegsverbrechen beider Seiten verhinderte, wird der Konflikt zwischen Sandinisten und Contras blutig perpetuiert.

Wenn in El Salvador eine solcherart gründliche und mutige Aufarbeitung der Vergangenheit stattfindet, dann sind die Voraussetzungen für einen wirklichen Neuanfang und den Beginn eines anhaltenden Versöhnungsprozesses gegeben. Ralf Leonhard, San Salvador

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