: Sauberer als manches Mineralwasser...
■ Immer mehr Chlorkohlenwasserstoffe im Bereich des Wasserwerks Stellingen /HWW sehen keine Gefahr fürs Trinkwasser
/ HWW sehen keine Gefahr fürs Trinkwasser
„Hamburgs Trinkwasser ist sauberer als manches Mineralwasser, und das wird auch so bleiben“, beschwichtigt der Geschäftsführer der Hamburger Wasserwerke, Hanno Hames. Der Anlaß für die Beruhigungspille: Die zunehmende Belastung des Grundwassers im Bereich des Wasserwerks Stellingen mit Chlorkohlenwasserstoffen.
Die Fakten: 1986 entdeckten die Wasserwerke in Eidelstedt erstmals das Lösungsmittel Dichlorethan im Grundwasser. Nach weiteren Messungen war klar: Eine 14 Hektar große Schadstoff-Fahne im oberflächennahen Grundwasser bewegt sich vom Industriegebiet Eidelstedt auf die Stellinger Trinkwasser-Förderbrunnen des Wasserwerks zu. Drei der zwölf Stellinger Förderbrunnen wurden 1991 aufgrund der Verunreinigungen stillgelegt, drei Abwehrbrunnen, über die das verseuchte Grundwasser aus der Erde gepumpt werden soll, gebohrt.
Doch damit nicht genug: Im vergangenen Jahr wurden hohe Dichlorethan-Konzentrationen auch in tieferen Grundwasserleitern entdeckt, unter anderem auch im Notbrunnen des Krankenhauses „Alten Eichen“. Durch zusätzliche Grundwasseranalysen im Bereich zwischen dem Krankenhaus und den Wasserwerksbrunnen ermittelte die Umweltbehörde neben einer zum Teil erheblichen Grundwasser- Verseuchung durch Dichlorethan auch einen anderen chlorierten Kohlenwasserstoff: das Reinigungsmittel Trichlorethen.
Zwar ist der Kohlenwasserstoff nach derzeitigem Erkenntnisstand noch nicht in tiefere Grundwasserleiter durchgesickert, die zur Trinkwassergewinnung dienen, trotzdem schwant Mitarbeitern der Umweltbehörde: „Der Schutz der Trinkwassergewinnung in diesem Bereich wird sich nur mittels sehr hohen Kostenaufwandes gewährleisten lassen“. Bereits vier Millionen Mark verschlang bis heute die Sanierung der Dichlorethan-Fahne, weitere acht Millionen Mark sollen in den Bau einer Aktivkohle-Filteranlage fließen, um das Stellinger Grundwasser für die Hamburger Trinkwasserversorgung zu retten.
Sollte das nicht gelingen, müssen weitere der neun Förderbrunnen in Stellingen stillgelegt werden. Ein Sprecher der Wasserwerke: „Wir können das nicht mehr ausschließen“. Auch GAL-Umweltreferent Thomas Kleineidamm befürchtet, „daß die gesamte Verseuchung der tieferen Grundwasserleiter noch nicht annähernd bekannt“ ist. Seine düstere Prognose: „In zwei bis drei Jahren müssen weitere Brunnen vom Fördernetz“.
Noch wissen die Wasserwerker nicht einmal, wieviel Dichlorethan sich im Grundwasser befindet. 500 Kilogramm des Giftes förderten die Abwehrbrunnen bereits ans Tages-
licht. Umweltbehörden-Mitarbeiter
Helmut Grebe geht aber davon aus, daß „die drei- bis zehnfache Menge“ im Erdreich schlummert. Völlig unklar ist auch, woher die giftigen Chlorkohlenwasserstoffe kommen. Seit Monaten fahnden Wasserwerke und Umweltbehörde ergebnislos nach dem Brunnenvergifter und der Eintragsstelle der Giftlösungen.
Doch die Wasserwerke betonen,
1daß selbst die Stillegung der Stellinger Brunnen die Hamburger Trinkwasserversorgung nicht gefährdet. Aus den Stellinger Brunnen fördern die Wasserwerke nur vier Prozent des Hamburger Trinkwasserbedarfs. Sollte Stellingen ausfallen, müssen die anderen 18 Hamburger Wasserwerke entsprechend mehr fördern. Oder aber die Nordheide wird noch mehr ausgepumpt. Marco Carini
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen