„Den Körper des Klanges behalten“

■ Ein Gespräch mit der Musikautomaten-Komponistin Caroline Wilkins / heute Konzert in Galerie Rabus

Heute abend wird die englische Komponistin Caroline Wilkins (Jg. 1953) in der Galerie Rabus ihre Musik vorstellen — Musik im Spannungsfeld von Improvisation und Spielautomaten, die nach dem Spieluhrenprinzip funktionieren. Dabei wird sie vom Akkordeon-Virtuosen Theodoro Anzellotti und der Pianistin Pie Hsien Chen unterstützt.

Im Mittelpunkt des Konzertes stehen zwei Fassungen einer Komposition von Wilkins für Musikautomat und Pianist: Pie Hsien Chen spielt mit dem Bösendorfer Selbstspielflügel (s.taz 16.3.) und danach mit einem modernen Comuterklavier. Ein Vortrag wird die Kompositionsmethode und den Selbstspielflügel erklären.

Wie sind sie zum Komponieren gekommen? Wilkins: Die beiden wesentlichen Einflüsse für mich sind Neues Musiktheater und mechanische Musik. Ich habe als Interpretin angefangen und bin dann allmählich durch das Musiktheater dazu gekommen. Das heißt für mich verschiedene Medien zu kombinieren: Tanz, Schauspiel, Bild — weg von der Hierarchie der Oper.

Bleibt da noch Spielraum für Improvisationen?

Bei dem Stück „Arias“ z.B. von dem am Sonnabend ein Tonband eingespielt wird, hatte ich drei Sängerinnen, einen Dramaturgen und eine Bühne zur Verfügung. Wir haben das ganze Stück über zwei Wochen geworkshopt, dann entstand die erste Präsentation davon. Und danach erst habe ich die feste Partitur geschrieben. Es war eine tolle Erfahrung, direkt mit den Sängerinnen zu arbeiten.

Sie haben sich auch intensiv mit mechanischen Instrumenten beschäftigt — wie paßt das zu der freien Arbeit mit Improvisation?

Ich hatte in Australien verschiedene mechanische Instrumente aufgenommen und das dann später im Studio bearbeitet. Im Konzeert wird zum Beispiel das „clockpiece für 13 alte Wanduhren“ zu hören sein.

Arbeiten sie auch mit elektronischen Verfremdunden?

Ich will den Körper des Klanges wirklich behalten und seine Quelle erkennen können. Es ist wichtig für mich, daß die Instrumente so bleiben, wie sie sind.

Eines Ihrer Stücke heißt P.P.P.P.P. und ist u.a. für einen mechanischen Selbstspielflügel und einen Menschen — ein „Player Piano“ geschrieben. Wie ist das entstanden?

„Piece for Player Piano and Piano Player“ ist der ganze Titel. Ich habe keine Noten aufgeschrieben, sondern die Töne direkt in die Notenrolle für den Selbstspielflügel gestanzt — für die zehn Minuten Musik habe ich anderthalb Jahre gebraucht. Für Menschen ist das unspielbar.

Und der 'Piano Player' dabei?

Ich hatte mir vorgestellt, einen Dialog zwischen beiden darzustellen. Am Sonnabend machen wir ein Experiment: das Stück wird einmal mit dem Selbstspielflügel von 1922 und einmal mit einem modernen Computerflügel gespielt. Ich bin gespannt.Im Gegensatz zum Computerflügel wird der alte Bösendorfer langsam immer schneller und die Pianistin muß mithalten.

Fragen: Wilfried Wiemer