: Viel gewollt
■ Frei nach Candide: Die Theatergruppe "Unruhe im Unterdeck" im Goldbekhaus
: Die Theatergruppe »Unruhe im Unterdeck« im Goldbekhaus
Auf dem Schloß „Thunder Ten Tronck“ in „Westfalien“ ist für den jungen Candide die Welt noch in Ordnung. Doch als auffliegt, daß er die Tochter des Barons liebt, wird er von dannen gejagt. Eine schrekkensreiche Odyssee führt ihn als unfreiwillig Reisenden kreuz und quer über die Kontinente. Dabei präsentiert sich ihm nun die Welt mit Kriegen, Intrigen und Sklaverei von ihrer blutigsten Seite – doch es braucht noch lange, bis Candide nicht mehr hartnäckig an dem Glauben festhält, in der „besten aller möglichen Welten“ zu leben.
Den im Jahr 1758 entstandenen Episodenroman Candide des aufklärerisch gesinnten Franzosen Voltaire hat der Regisseur Jirka Zacek für die Bühne umgeschrieben und im Goldbekhaus inszeniert. Insbesondere die Parallelen zur Gegenwart seien ihm wichtig gewesen, betont der aus Prag stammende Zacek: „Die Leute töten sich in idiotischen Kriegen wie vor hundert Jahren, die Frauen werden zu Prostituierten gemacht wie vor tausend Jahren, sie werden 'nach Kriegsrecht‘ vergewaltigt.“
Zusammen mit der Amateurgruppe Unruhe im Unterdeck und gefördert von der Kulturbehörde hat er darum ein eindringliches Anti- Böse-Welt-Stück inszenieren wollen. Mit durchaus bunten Mitteln. Die Vielzahl an Kostümen und das Bühnenbild von Marek Durschewski sorgen für ein optisch gelungenes Miteinander von Historizität und Gegenwart, und für einige anklagende Momentaufnahmen zum Thema Krieg und Gewalt.
Sprachlich klappt es mit der Umsetzung des Konzepts weniger gut, trotz der Spiellust der Darsteller. Die Vermengung von märchenhaften und modern-umgangssprachlichen Elementen ist zwar manchmal unfreiwillig komisch und dann schon wieder gut. Aber meistens kommt sie allzu gewollt daher, und vor allem schrecklich einfallslos – und das ist verhängnisvoll. Denn beinahe der gesamte Vorrat an anzuprangernden Blutrünstigkeiten wird von den Protagonisten erzählt. Doch so werden aus grausigen Fakten langatmige, monologische Aneinanderreihungen, die dem eigentlichen Zweck eher entgegenarbeiten. Dorothea Schüler
Goldbekhaus, 26. & 27.3., 20 Uhr
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