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Der Frühling spielt für Werder

■ Eine starke erste Halbzeit reicht Werder Bremen zu einem 2:0 gegen Schalke 04

Bremen (taz) – Stadionsprecher haben so ihren eigenen Humor. Christian Günther, sonore Stimme im Weserstadion und ansonsten zuständig für das Einhämmern der Sponsorenwerbung („..und denken Sie dran, ohne Reis kein Preis!“) hatte am Samstag um 15.41 Uhr eine lyrische Anwandlung: „Der Frühling macht das Tor zum 1:0 für Werder!“ verkündete der Lautsprecher. Denn just in der Minute, als in Deutschland offiziell der Winter endete, nutzte Schalkes Hendrik Herzog eine eher ungefährliche Flanke von Bremens Marco Bode für ein blitzsauberes Eigentor.

Die Werderaner zeigten sich frühlingshaft kurzärmelig , während die königsblauen Trikots hochgeschlossen und handgelenkswärmend blieben. Mit dem frühen Tor in der 11. Minute lief für Otto Rehhagels Truppe zunächst alles nach Plan. Denn nach der Niederlage gegen Barcelona und der Schlappe in Bochum hatte der Trainer die Devise ausgegeben: unbedingt gewinnen, um nicht alle Chancen auf die Meisterschaft zu vergeben.

In der ersten Halbzeit sah man den Bremern an, daß sie gewinnen wollten und die Chefs im Stadion waren. Auch nach der Führung drängten sie weiter auf Gehrkes Tor, Andy Herzog knallte den Ball in der 31. Minute an den Pfosten, und zwangsläufig kam, was kommen mußte: in der 36. Minute bekommt (dpa: „...der Vaterfreuden entgegegensehende...“) Dieter Eilts kurz vor dem Strafraum den Ball, setzt an und schlenzt das Leder unhaltbar für den Schalker Torwart in das rechte obere Eck. 2:0 und auch bald Schluß der Vorstellung. Denn die erste Halbzeit ging zu Ende und mit ihr die Bremer Spielzüge, Torraumszenen auf beiden Seiten und die Dynamik des Spieles.

Helmut Schulte wollte „lieber nicht verraten“, mit welchen Worten er seine Mannschaft in der Pause belegt hatte. Rehhagel (54), der sein 400. Bundesligaspiel als Trainer des FC Werder Bremen absolvierte (12 Jahre bei einem Arbeitgeber, das hat noch keiner geschafft), muß seinen Spielern wohl geraten haben, zwei Gänge zurückzuschalten. Denn nach dem Seitenwechsel spielte der Winterschlaf gegen die Frühjahrsmüdigkeit. Hier ein Freistoß, da ein Drehschuß und dort mal ein Kopfball aufs Tor, ansonsten häuften sich die Fehlpässe und Fouls auf beiden Seiten. Adrenalinstöße für die 24.000 ZuschauerInnen gab es nur aus Ärger über die schwache Bremer Leistung.

Wenn Schalke gefährlich vor dem Bremer Tor auftauchte, dann nur als Folge von bösen Schnitzern in der Deckung, so als Uli Borowka an einem Kopfball vorbeisegelte und Mihajlovic den Ball neben das Tor setzte. Viel zu spät fiel den Gelsenkirchenern ein, auch mal auf das Werder-Tor zu stürmen. Werder schaukelte das Spiel nach Hause, und „klare Sache“ war dann auch der Tenor bei den Trainern: Schulte meinte, insgesamt sei es ein „hochverdienter Sieg für Werder“ — was auch nur in Relation zur Schalker Leistung zu sehen ist; und schalt seine Mannen: „Mit der Einstellung hätten sie zu Hause im Bett bleiben können.“

Wenn Werder ernsthaft noch Meister werden will, sollte Rehhagel vor allem seinen Lieblingstorwart Oliver Reck im Tor festbinden oder ihm jeden Ausflug an die Strafraumgrenze streng verbieten. In ebenso unnachahmlicher Reck- Manier wie gegen Barcelona bescherte Olli auch den Schalkern eine Riesenchance. Als er in der 32. Minute an der 16-Meter-Linie den Ball abfing, ließ er elegant zwei Mitspieler aussteigen, um den Ball dem heranpreschenden Schalker Sendscheid vor die Füße zu legen. Mit knapper Not bügelte Bratseth „Pannen-Ollis“ Fehler auf der Linie wieder aus. Bernhard Pötter

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