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Hartes Urteil gegen Wohnungsbetrüger

■ Vier Jahre Haft wegen Betrugs an Wohnungssuchenden/ Horst L. wollte während Hafturlaubs Schuldenberg „abbauen“

Berlin. Aus der Wohnungsnot unter Umgehung der Gesetze Profit zu schlagen, gilt offenbar auch in der Berliner Justiz nicht länger als Kavaliersdelikt. Wegen fortgesetzten Betrugs an Wohnungssuchenden und weiteren Betrugsdelikten verurteilte gestern die 16. Große Strafkammer des Landgerichts den 39jährigen Horst L. zu vier Jahren und drei Monaten Haft.

Der seit 1981 wegen verschiedener Betrugsdelikte inhaftierte ehemalige Makler und Möbelhausbesitzer hatte während eines Hafturlaubs im März vergangenen Jahres in der Moabiter Putlitzstraße eine Eigentumswohnung angemietet, um dann seinerseits als angeblicher Eigentümer Mietverträge auszustellen. Seine Opfer waren Wohnungssuchende, die in der Zweiten Hand inseriert hatten. Binnen weniger Tage kassierte L. in acht Fällen Abstandszahlungen und Kautionen in Höhe zwischen jeweils 2.000 und 3.000 Mark.

Der Vorsitzende der Kammer, Cornel Christoffel, bezeichnete die Tat des geständigen L. als „perfide angesichts der Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt“. Aufgrund von dessen Strafregister sei auch weiterhin davon auszugehen, daß L. „als feiner Mann auftreten“ und Notsituationen betrügerisch ausnutzen werde. Für die Wohnungsbetrügereien bekam Horst L. dreieinhalb Jahre Haft, für weitere Betrugsdelikte neun Monate. Die Staatsanwaltschaft hatte insgesamt sechs Jahre und zwei Monate gefordert.

Horst L., der den durch Schicksalsschläge aus der Bahn geworfenen Geschäftsmann mimte, bedauerte vor Gericht die „schäbige Tat“, er sei aber damals wegen der Forderungen seiner Gläubiger in einer Art Zwangslage gewesen. Deshalb habe er seinen Hafturlaub genutzt, um sich von Detmold nach Berlin abzusetzen und einen Teil seiner Schulden zu begleichen. L., der bereits zwischen 1974 und 1976 als Makler einen Schuldenberg von 600.000 Mark erwirtschaftet hatte, hat heute nach eigenen Angaben Verpflichtungen in Höhe von 20 Millionen Mark.

Das harte Urteil begründete Christoffel unter anderem mit der „Persönlichkeitsstruktur“ von Horst L., der immer wieder den „großen Mann spielen wolle“. Eine sozialtherapeutische Betreuung, so der Richter, könnte dem ehemaligen Makler allerdings eine neue Perspektive eröffnen. Zugute gehalten wurde ihm neben seinem Geständnis, daß er sich bereit erklärt hatte, den Wohnungssuchenden das Geld zurückzuerstatten. Immerhin seien Beträge von zwei bis dreitausend Mark für Wohnungssuchende nicht unerheblich, meinte Christoffel.

Die Berliner MieterGemeinschaft nahm das Urteil zum Anlaß, erneut vor angeblichen Wohnungsvermietern zu warnen. „Immer häufiger“, so Sprecher Gerhard Heß, „verzichten solche Betrüger auf eigene Anzeigen und suchen sich ihre Kunden selbst aus.“ Heß riet allen Wohnungssuchenden, Zahlungen nur per Scheck zu leisten und sich sowohl Papiere als auch Mietvertrag vorlegen zu lassen. Uwe Rada

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