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"Verdammt fixe Behörde"

■ Senat will mit Erhaltenssatz die Wohnungsspekulation begrenzen

die Wohnungsspekulation begrenzen

Traute Müller war mit sich selbst zufrieden: „Für eine Behörde sind wir verdammt fix gewesen“. Der Anlaß für das unverhohlene Eigenlob: Fünf Monate nachdem der SPD-Arbeitskreis Stadtentwicklung sich dafür aussprach, durch soziale Erhaltensverordnungen in Hamburg die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu bekämpfen, billigte der Senat gestern ein erstes Pilotprojekt. Für große Teile von Eimsbüttel und Hoheluft-West beschloß die SenatorInnenrunde die Aufstellung einer Erhaltenssatzung.

Das betroffene Gebiet wird im Westen durch die Kieler Straße und im Osten durch die Hoheluftchaussee begrenzt. Der Nordrand wird durch den Eidelstedter Weg, die Lutteroth- und die Troplowitzstraße markiert, im Süden endet die Mieterschutzzone an der Fruchtallee und dem Kaiser-Friedrich-Ufer. 28000 Wohnungen, in denen 47000 Menschen leben, liegen in diesem Bereich. Ausgenommen sind allerdings Teile der Randbebauung an der Osterstraße, der Hoheluftchaussee und der Kieler Straße, die nicht durch eine reine Wohnnutzung geprägt sind.

Durch den gestern gefaßten Aufstellungsbeschluß tritt die Erhaltenssatzung allerdings noch nicht in Kraft. Die dafür notwendige Rechtsverordnung soll innerhalb eines Jahres verabschiedet werden. Allerdings können die zuständigen Bezirksämter ab sofort weitgehende Modernisierungsbegehren für 12 Monate zurückstellen. Ein Vorkaufsrecht, das verhindern soll, daß Wohnhäuser in dem Erhaltensgebiet an Umwandlungsspekulanten veräußert werden, kann die Stadt jedoch erst wahrnehmen, wenn die anvisierte Rechtsverordnung beschlossen ist. Doch auch dann können durch eine Erhaltenssatzung Umwandlungen in letzter Instanz nicht verhindert werden. Die Erfahrung in anderen Städten zeigt aber: Umwandlungs-Spekulanten machen in der Regel einen großen Bogen um die Erhaltensgebiete.

Fraglich ist auch, ob das gesamte jetzt festgelegte Gebiet in die Rechtsverordnung einbezogen werden kann oder ob letztendlich nur Teilquartiere den besonderen Schutz erhalten können. Um das zu klären, will die Stadtentwicklungsbehörde ab Juni umfangreiche Befragungen der betroffenen MieterInnen durchführen. Gegenstand der Untersuchung: Die Sozialstruktur in Eimsbüttel und Hoheluft- West sowie die Qualität und der Preis der Wohnungen.

Noch ist auch unklar, ob weitere Stadtteile mit dem Erhaltensschutz belegt werden sollen. Diese Entscheidung will Traute Müller von den Erfahrungen mit ihrem „Pilotprojekt“ abhängig machen. Wann diese ausgewertet werden sollen, will die Senatorin heute noch nicht festlegen. Stattdessen hofft sie, daß die Bonner Koalition doch noch zumindest ein teilweises Umwandlungsverbot verabschiedet. Eine entsprechende Gesetzesinitiative Hessens soll noch diese Woche im Vermittlungsausschuß von Bundesrat und Bundestag verhandelt werden. Die Chancen sind jedoch minimal: Besonders die Bonner Liberalen wehren sich gegen jede Einschränkung der Vermieterfreiheiten auf diesem Gebiet.

CDU und GAL kritisierten an dem gestern gefaßten Senatsbeschluß unisono, daß die Stadtentwicklungsbehörde nur ein Pilotprojekt startet, statt die Erhaltenssatzung in allen von der Umwandlung betroffenen Gebieten anzuwenden. Marco Carini

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