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Veba greift nach Osten

■ Das größte deutsche Energie-Imperium plant Milliardeninvestitionen in Ostdeutschland/ Umsatz steigt weiter, Chemiekonzern Hüls bleibt Sorgenkind

Düsseldorf (taz/dpa/AP) – Daß sich auch in einer Rezession noch einträgliche Geschäfte machen lassen, wenn man nur die richtigen Geschäftsfelder besetzt, müssen die krisengeschüttelten Chemie-, Stahl oder Autoriesen neidisch anerkennen. Der Mischmulti Veba, mit seinen rund 700 Firmen eines der größten Wirtschaftsimperien der Bundesrepublik, ist ein gutes Beispiel dafür. Zwar hat auch der sich vor allem im Energiegeschäft tummelnde Konzern trotz einer deutlichen Umsatzsteigerung im Geschäftsjahr 1992 mit weniger Gewinn zufriedengeben müssen, doch der Handel mit Kohle- und Atomstrom floriert auch in Krisenzeiten. Das Ergebnis: Bei einem um knapp 10 Prozent auf 65,4 Milliarden Mark gestiegenen Konzernumsatz konnte das Unternehmen einen Jahresüberschuß von 0,91 (Vorjahr: 1,10) Milliarden DM verbuchen. „Noch zufriedenstellend“, kommentierte Veba- Chef Klaus Piltz die Jahresbilanz.

Auch für dieses Jahr geht der Konzern, der Ende 1992 rund 129.800 Mitarbeiter beschäftigte, bei seinen Aktivitäten in den Bereichen Energie, Handel, Verkehr und Dienstleistungen von einem weiteren Wachstum aus. Zu dem Düsseldorfer Energie-Imperium gehört etwa der norddeutsche Strommonopolist PressenElektra, die Veba-Oel AG, die Bau-Dienstleistungsriesen Stinnes und Raab- Karcher sowie der Chemikonzern Hüls AG.

Das Unternehmen, das bereits 1989 mit dem Ausstieg aus Wackersdorf für politische Schlagzeilen sorgte und dessen Vorstandschef Klaus Piltz mit seinem Brief an den Kanzler Helmut Kohl die derzeit laufenden Energiekonsens-Gespräche maßgeblich initiierte, will sich weiter stark in Ostdeutschland engagieren. Dort hatte die Veba bereits 1992 einen Umsatz von 4,1 Milliarden Mark erzielt. Beim Strom will sich Piltz in diesem Jahr ganz auf den Aufbau einer leistungsfähigen Energieversorgung in Ostdeutschland konzentrieren. Für den weiteren Ausbau sind dort in den nächsten fünf Jahren Investitionen von 8,4 Milliarden Mark eingeplant – der größte Teil für neue Kohle- und Braunkohlekraftwerke und die Petrochemie. Über die Beteiligungsgesellschaft Aral hatte der Konzern in den neuen Ländern Ende 1992 mit 110 Tankstellen bereits 86 mehr in Betrieb als ein Jahr zuvor, weitere 38 sind in Bau.

Vor allem die Chemie liegt den Veba-Vorständen schwer im Magen: In der weiter angespannten Geschäftslage im Sektor Öl und Chemie sollen Strukturmaßnahmen und ein konsequentes Kostenmanagement die Situation verbessern. Im verlustträchtigen Chemiebereich werden bereits „sehr konkrete Gespräche“ über Joint- ventures mit anderen Unternehmen geführt. Die Chemie schloß das Geschäftsjahr 1992 nach Angaben des Konzerns mit einem Verlust von 179 Millionen Mark ab. Bei Hüls sollen nach Abschluß des vor drei Jahren eingeleiteten Kostenmanagements, insgesamt 5.000 Mitarbeiter weniger arbeiten als 1990.

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