Heckelmann und Stahmer streiten um Streitstraße

■ Ab 1. April tritt das Asylbeschleunigungsgesetz in Kraft: ab dann neue Asylstelle in Spandau/ Gewerkschaft der Polizei droht mit spektakulären Aktionen

Spandau/Hohenschönhausen. Werden Polizisten womöglich Polizisten aus der neuen „Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber“ in der Spandauer Streitstraße hinauskomplimentieren müssen? Die Gewerkschaft der Polizei, die auch das Personal des Landeseinwohneramtes und der Ausländerbehörde vertritt, hat jedenfalls für den 29. März mit „spektakulären Aktionen“ gedroht, falls die Asylstelle in Hohenschönhausen nicht geschlossen wird. Dieses Provisorium ist keineswegs nur bei den Asylsuchenden, sondern auch bei den Mitarbeitern unbeliebt: Viele bezeichnen die Arbeitsbedingungen als „unzumutbar“.

Der Hintergrund des Streits um die Streitstraße ist leider so kompliziert, daß auch mittelbar Beteiligte nicht mehr klar durchzublicken scheinen. Bereits im September 1992 hatte der Senat beschlossen, daß ab 1. April das Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben unter Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) für neuankommende Asylsuchende sorgen soll. Der bisher zuständige Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) sperrte sich nicht gegen die Abgabe von Kompetenzen – wohl deswegen, weil das ebenfalls am 1.April in Kraft tretende „Asylbeschleunigungsgesetz“ sicherlich Konflikte mit sich bringen wird. Es sieht unter anderem vor, daß das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge – dessen Außenstelle ebenfalls in der Streitstraße angesiedelt wird –, innerhalb von nur zwei Wochen darüber entscheidet, ob ein Asylantrag „offensichtlich unbegründet ist“. Wenn ja, übernimmt die – ebenfalls dort befindliche – Abschiebungsstelle die Zuständigkeit. Die drei in der Streitstraße konzentrierten Abteilungen – Zentrale Aufnahmeeinrichtung samt Wohnheim mit rund 500 Plätzen, Bundesamt und Abschiebestelle – fallen unter den bürokratischen Sammelbegriff „Phase 1“, für die in Berlin – anders als in den übrigen Bundesländern – die Sozialverwaltung zuständig ist. Vorteil: In der mit vielen Warteräumen versehenen Asylstelle auf dem Grundstück eines ehemaligen Krankenhauses sind Zustände wie am Friedrich-Krause- oder Waterloo-Ufer wohl nicht zu erwarten, da Stahmers Behörde über die Umgangserfahrung mit Tausenden von Aus- und Übersiedlern verfügt.

Für „Phase 2“, also die weitere Unterbringung und bürokratische Bearbeitung nicht sofort abgelehnter Bewerber, ist hingegen weiterhin der Innensenator verantwortlich. Die dafür zuständige Stelle befindet sich nach wie vor in Hohenschönhausen. Ersatzräume für deren genervte Mitarbeiter sind nicht in Sicht, da die Innenverwaltung offenbar zu spät auf die Erkenntnis verfiel, daß der Krieg in Ex-Jugoslawien noch andauert und das Waterloo-Ufer für Kriegsflüchtlinge reserviert bleiben muß.

Heckelmann pocht deshalb seit Ende Februar heftig an die Tür der Streitstraße und verlangt von seiner Senatskollegin, die Hohenschönhausener ebenfalls in den frisch renovierten Räumen unterzubringen. Das aber sehen weder Stahmer noch der Bezirk Spandau ein, sie vertreten ein Konzept der Dezentralisierung und Konfliktentzerrung. Erst vorgestern hat die BVV mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen bekräftigt, nicht mehr als die „Phase 1“ aufnehmen zu wollen.

Die Sozialsenatorin, die die neue Asylstelle gestern der Presse vorstellte, ist sich offenbar darüber klar, daß die Situation ab 1.April so oder so „sehr belastend sein wird“. Deshalb solle es in Spandau „neben der reinen Abfertigung eine soziale Begleitung geben“ inklusive Beratung, Kinderbetreuung und Ambulanz. usche