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12 Stunden "Herzilein"

■ Beim Kommerzradio in Nordrhein-Westfalen streiken die RedakteurInnen

Seit drei Jahren wird die Medienlandschaft in Nordrhein-Westfalen mit Kommerz-Rundfunk angestrahlt. Bei jetzt 44 Lokalradios ist die flächendeckende Versorgung fast erreicht. Seit einer Woche hängen rote Fahnen an den örtlichen Rundfunkhäusern: die Lokalfunker streiken, und sie tun dies landesweit und unbefristet – einmalig in der Privatfunk-Geschichte.

Rund 400 RedakteurInnen kämpfen für den Lohn der Arbeit am Mikro, für einen Ausgleich der dramatischen Überstunden und der Wochenendarbeit. Vor allem aber kämpfen sie um die Anerkennung der Berufsbezeichnung „Redakteur/Redakteurin“. All das verwehren die lokalen Arbeitgeber, die sich landesweit in der „Tarifgemeinschaft lokaler Rundfunk“ (TGL) formiert haben.

Drei lange Jahre blockierte der Tarifgegner mit minimalistischen Angeboten den Abschluß eines Gehalts- und Manteltarifvertrages. Die letzte Offerte: 3.800 Mark für Jungredakteure, 4.550 DM im siebten Berufsjahr als Endstufe. Ende Februar erklärten die IG Medien, der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG) die Verhandlungen für gescheitert. Sie fordern als Einstiegsgehalt 4.236 Mark und 5.897 Mark im siebten Jahr.

Bei der Urabstimmung votierten 93,7 Prozent der festangestellten und freien MitarbeiterInnen für den Arbeitskampf. Sie probieren jetzt den Rundfunk-Streik als völlig neues Erfahrungsfeld: da spielte Radio Sauerland einen ganzen Tag lang die Wildecker Herzbuben mit „Herzilein“.

Dabei geht es um mehr als nur die tarifliche Regelung der Rundfunkarbeit. Es geht den Radio-Besitzenden vor allem um die Macht und die Möglichkeit, in den kommenden Jahren das Radioland zu konzentrieren. Denn die Mehrheitsgesellschafter, das sind die örtlichen Verleger. Die sträuben sich vehement gegen die Gleichstellung des privaten Radiotarifes mit dem der Tageszeitungen.

Aber: die Verleger sehen in den RundfunkmacherInnen nur „abgebrochene Studis, Quereinsteiger, Dudelfunker und Discjockeys“. Die beharrlich betriebene Disqualifizierung gibt Sinn, wenn ab Mitte der 90er Jahre bei der erwarteten Konzentration der Sender über die Hälfte der Arbeitsplätze in den Redaktionen überflüssig wird.

So wird es wohl kommen: aus 44 Miniatursendern wird ein halbes Dutzend herrschender Radios gemacht. Ein längst geschaßter Chefredakteur bezeichnet denn auch das jetzt (noch) bestehende Privatfunkszenario in den Städten und Kreisen als „potemkinsche Radiodörfer“. Die Entstehungsgeschichte und das vorläufigen Endes geschaffene Landesrundfunkgesetz NRW sprechen dafür.

Ausgestattet mit einem „gesetzlichen Vorkaufsrecht zum Erwerb eines Radiosenders“ wurde den örtlichen Zeitungsverlegern ein quasi weihnachtliches Eigentumsgeschenk gemacht. Hübsch verpackt, mit einem 25-Prozent-Anteil für die Kommunen als Mitgesellschafter und einem garantierten und hoch subventionierten Anteil an Bürger-Radio bis zu zwei Stunden täglich, preisen die in Düsseldorf allein regierenden Sozialdemokraten ihr Rundfunkmodell auf „zwei Säulen“. Ein Obelisk gehört den Gesellschaftern, in der Rechtsform einer GmbH als „Betriebsgesellschaft“ (BG) betitelt. Die zweite, weniger tragende, Säule nimmt die „Veranstaltergemeinschaft“ (VG) ein, quasi ein Rundfunkrat en miniature, der sich aus ehrenamtlichen Vertretern der „gesellschaftlich relevanten Gruppen“ zusammenwürfelt.

Beide Eckpfeiler des NRW- Kommerzfunks sind gesetzlich sauber getrennt. Das sieht auf dem Papier demokratisch aus, doch beim jetzigen Streik zeigt sich, was Sache ist. Da stehen beide Säulen gemeinsam stark den Mediengewerkschaften gegenüber: die „Tarifgemeinschaft privater Rundfunk“ in NRW nämlich setzt sich zusammen aus dem „Verband lokaler Rundfunk“ als Dachorganisation der 44 Veranstaltergemeinschaften und (!) dem „Verband der Betriebsgesellschaften NRW“. Hans-Peter Blombach

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