: Flugverbot über Bosnien bringt Bonn ins Trudeln
■ Nato soll Flugverbot militärisch durchsetzen
Berlin (AP/taz) – Bundeskanzler Kohl hat seine traditionelle österliche Abmagerungskur unterbrochen und fliegt nach Bonn zurück, um heute die eilig anberaumte Kabinettssitzung zu leiten. Auf der Tagesordnung steht die deutsche Beteiligung an der Durchsetzung des Flugverbots über Bosnien-Herzegowina. Außenminister Kinkel, der mit ausgekungelt hat, daß sich die FDP-Minister mit ihrer Ablehnung dabei von der CDU/CSU überstimmen lassen werden, will seine Vietnamreise dagegen nicht vorzeitig beenden. Schließlich wäre das womöglich „in Vietnam nicht verstanden worden“. Kinkel wartet offenbar mit seiner Partei darauf, daß das Bundesverfassungsgericht die Schiedsrichterrolle übernimmt. Die Regierungsfraktion der FDP soll das Gericht gegen die Bundesregierung anrufen. Die militärische Durchsetzung des Flugverbots hatte der UN-Sicherheitsrat in der Nacht zum Donnerstag beschlossen. Auch Rußland, das sich bisher verweigert hatte, stimmte dafür. In spätestens einer Woche soll es losgehen, das Kommando soll dem italienischen Nato-General mit dem unverdächtig klingenden Namen Giuseppe Degli Innocenti übertragen werden.
Im Brüsseler Nato-Hauptquartier werden zur Zeit die letzten militärischen Vorbereitungen getroffen. Das Bündnis, das von der UNO mit der Kontrolle der Maßnahme betraut worden war, plant die Entsendung von 50 bis 100 Jagdflugzeugen. Die Maschinen haben nach der UNO-Resolution das Recht, illegal aufsteigende Flugzeuge über Bosnien zu verfolgen und gegebenenfalls abzuschießen. Eine Bombardierung serbischer Fliegerhorste wurde von der UNO nur in Fällen äußerster Notwehr für zulässig erklärt.
Der Waffenstillstand in Bosnien erweist sich derweil als brüchig. Am Donnerstag wurde die Feuerpause, die nach der Unterschrift des bosnischen Präsidenten Alija Izetbegović unter den Friedensplan der UN-Vermittler Vance und Owen am Sonntag inkraft getreten war, an mehreren Stellen gebrochen. Tagesthema Seite 3
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen