piwik no script img

Uns seht ihr dann nicht wieder

Im letzten Juli gerieten wir auf der Suche nach einem bezahlbaren und nicht total überfüllten Campingplatz an der Ostsee in ein kleines Kaff namens Börgerende- Rethwisch mit einem etwas unordentlichen und erfreulich unreglementierten Campingplatz. Im Dörfchen hier und da hektische Bautätigkeit, ein frisch geweißtes, neu rethgedecktes Haus trug plötzlich über Nacht die stolze Parole „Casino“ überm Eingang – nanu, dachten wir, wen verschlägt es denn hierher in die Pampa? – der Strand extrem steinig, dafür aber ohne deutsche Sandburgenseligkeit und Strandkorbterror – im Ganzen also recht angenehm.

Den Einheimischen aber ist's nicht fortschrittlich genug: nächstes Jahr müßt Ihr wiederkommen, hieß es, da ist hier alles anders: hinterm Deich da drüben entsteht ein Yachthafen, gegen die Steine werden Wellenbrecher angelegt, damit Sand angeschwemmt und Strandkörbe aufgestellt und Boote vermietet werden können, und hier im Ort wird auch alles modernisiert – zahlt alles der Krause (welcher Krause, dachten wir zuerst). Das wird natürlich nicht öffentlich gesagt, aber jeder weiß es, der sorgt für Bundesmittel, der kommt ja von hier, seine Eltern wohnen noch da drüben, der will's uns zeigen! Da haben wir ja gerade noch mal Glück gehabt, sagten wir, uns seht ihr dann nicht wieder.

Das mochten sie nun gar nicht glauben (wo doch alles so schön wird!), weil sie die Zeichen der Zeit ebensowenig verstehen wie der Herr Krause die Demokratie und den Umweltschutz. Wie soll er auch, in Bonn versteht sie ja auch keiner, sonst hätte man diesen Wahnsinnigen längst gestoppt. Dafür scheint er jetzt selbst zu sorgen – hoffentlich klappt's. Sigrid Wiegand, Berlin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen