■ Das Portrait: Erika Märke
Auf der Bundesfrauenkonferenz der Grünen Ende letzten Jahres war sie noch voller Elan und hatte den Aufschwung grüner Frauenpolitik vor Augen. Doch spätestens mit dem Gekungel um das Frauenstatut, das im Laufe der Vereinigungsverhandlungen zwischen Grünen und Bündnis90 seit Monaten auf der Tagesordnung steht, schwanden ihre Hoffnungen wieder. Und so verabschiedete sich Erika Märke zum 31. März von der Partei, bei der sie ein Jahr lang als Bundesfrauenreferentin in Bonn wirkte. Ihr Fazit: Auch bei den Grünen gibt es einen Rollback in Sachen Frauenpolitik.
Anzeichen hierfür liegen für die 40jährige Politikwissenschaftlerin klar auf der Hand. Auch wenn Grüne und Bündnis90 das Frauenstatut nicht abschafften, trage die Fusion von westdeutscher Partei und ostdeutscher Bürgerbewegung doch zu dessen „Aufweichung“ bei. Frauenpolitik bei den Grünen, so ihr Resümee, verliere zusehends an „autonomem Spielraum“.
Aufgewachsen in Hessen, fand Erika Märke auf dem Umweg über die evangelische Kirche zum Frauenengagement. Genauer: über die Arbeit in der Evangelischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe. Internationale Frauenpolitik und Vernetzung, aber auch wissenschaftliche Arbeiten zu den Schwerpunkten Feminismus, Ökologie und Entwicklung gehörten bis Anfang der 90er hier Foto Nr. 3
Foto: J. H. Darchinger
Jahre zu ihren Schwerpunkten. Dann entschloß sie sich, ihren Blick „nicht immer nur nach Übersee zu wenden“, sondern in der deutschen Frauenpolitik mitzumischen – und das bei den Grünen.
Mittlerweile attestiert sie den Grünen „einen starken Anpassungsdruck“. Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl 1994 sei Realpolitik angesagt. Den Grünen gehe es nur noch darum, sich dem herrschenden Politikverständnis anzupassen – sich also wieder salonfähig zu machen. Alternative, utopische Inhalte, darunter auch radikale, frauenpolitische Ziele, fallen dabei natürlich über Bord. Für Frauen, „die sich stärker den Positionen von SPD und FDP annähern“, sieht Erika Märke durchaus noch ein Aktionsfeld bei den Grünen. „Für autonome Feministinnen sind die Grünen jedoch nicht mehr das richtige Umfeld.“ Bis zur Konferenz der Delegierten im Mai, wo es zur Bündnis-Fusion kommen soll, bleibt die Bundespartei nun wieder einmal ein frauenpolitisches Desaster. flo
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