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Den Bagger im Kopf

KOMMENTAR

Den Bagger im Kopf

Anfang der 80er Jahre gelang der GAL mit dem Kampf gegen die Hafenerweiterung der Sprung ins Stadtparlament. Die SPD verlor die Mehrheit und konnte sich nur per Nachwahl retten. Anschließend schien es, als sei die Zeit der gigantischen Wachstumsprojekte an der Süderelbe ein für allemal vorbei. Manch einer hoffte gar, Hamburgs Obere Zehntausend hätten die Flaute der 80er Jahre zum Nachdenken genutzt. Wachstumsstrategien der 60er und 70er Jahre, so wurde sich zwischenzeitlich immerhin ein Gutteil der Fachwelt einig, funktionieren nicht, sind gefährlich und überholt.

Heute scheint es, als sei die Zeit stehengeblieben. Zwar ist der alte Hafenerweiterungskritiker Helmuth Frahm heute SPD- Chef — doch wieder schmieden SPD, Gewerkschaften, Technokraten und Hafenfilz Pläne mit Bagger, Beton und Grüner Wiese. Zwar ist der heutige Wirtschaftssenator Hans-Jürgen Krupp seinen drei Hafenerweiterungsvorgängern an Intelligenz und Kompetenz hoch überlegen — seiner Politik ist das kaum anzumerken. Zwar ist der ÖTV- Chef und Erneuerer Rolf Fritsch eine Ausnahmeerscheinung unter Hamburgs Gewerkschaftsbossen — beim Stichwort Hafenwachstum verfällt jedoch auch er in reflexartige Hurra-Stimmung.

Das ist schon schlimm genug für den Süderelberaum und die städtischen Finanzen. Geradezu deprimierend aber wird es, hält man sich vor Augen, daß selbst die aufgeklärte Avantgarde der Hamburger Sozialdemokratie und ihrer Gewerkschaften sich nicht im Stande sieht, zentrale und hochumstrittene Zukunftsfragen der Stadt zumindestens kompetent ausdiskutieren zu lassen. Wo bleibt das Hearing zur Entwicklung des Süderelberaums? Wo ein Hafenentwicklungskonzept, das neben dem Wort Container auch noch Stadtentwicklung, Hafenkooperation und stadtwirtschaftliche Gesamtrechnung buchstabieren kann? Nein, es ist wohl wirklich hoffnungslos, sich noch Hoffnungen auf einen vernunftgesteuerten Wandel der Hamburger Politik zu machen. Florian Marten

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