: Professor gegen „Scheinasylanten“
■ An der Pädagogischen Hochschule in Karlsruhe hetzt ein Professor gegen Flüchtlinge und deren „Lobby“
Karlsruhe (taz) – Als Nicole H., Mitglied des Karlsruher Ausländerbeirats, Anfang März ein Plakat der Aktion „Miteinander leben“ an der Pädagogischen Hochschule (PH) aufhängen wollte, erlebte sie, was sie in einer Institution zur Ausbildung von Lehrern am wenigsten erwartet hatte: blanken Haß auf „Asylanten“ und Flüchtlinge. Denn als sie sich über die Aushang-Modalitäten der PH erkundigen wollte, trat ihr ein Mann entgegen: Sie solle verschwinden. Das Plakat der „Asylantenlobby“ werde er eigenhändig herunterreißen, ereiferte sich der Unbekannte.
Zur Überraschung der 44jährigen farbigen Französin entpuppte sich der Herr als Französisch-Professor der Hochschule, Hugo Blank. Nicole H. informierte daraufhin den Rektor der Hochschule von dem Vorfall. Doch einer Aufforderung von Rektor Bardong, „Bedauern und Entschuldigung zum Ausdruck zu bringen“, kam der zornige Professor nicht nach, selbst nachdem sich der Karlsruher Oberbürgermeister Gerhard Seiler mit der Angegriffenen solidarisiert hatte. Er sehe keinen Grund zu einer Entschuldigung, erklärte Blank auf Anfrage und fühle sich selbst als Opfer einer Verleumdungskampagne. Sein Einschreiten gegen die Plakataktion bestritt er zwar nicht, wohl aber seine Androhung, das Plakat abzureißen. Er sei, so Blank gegenüber der taz, lediglich zum Rektor gegangen und habe ihn gebeten, das Plakat nicht aufzuhängen, da es „unanständig“ sei. Rektor Bardong wies dieses Ansinnen mit dem Hinweis auf eine städtische Veranstaltung zurück.
Er, so Blank, habe nichts gegen Ausländer, „aber sehr wohl gegen Asylanten“. Der nach eigenen Angaben von der französischen Regierung zum „Chevalier“ und Officier im Orden der „Plames Academiques“ Ernannte wurde noch deutlicher, als er sich in einer Erklärung gegen die „Asylantenlobby“ im Karlsruher „Beratungs- und Begegnungszentrum für Flüchtlinge“ wandte. „Diese ungebetenen Scheinasylanten“ schrieb Blank, „leben von unseren Steuern, bewohnen Häuser oder Hotels auf unser Kosten.“ Demgegenüber zeigten die anderen europäischen Länder, „wie man sich die Scheinasylanten vom Hals hält: man gibt ihnen wenig oder nichts.“
Angesichts dieser Verbalattaken mehren sich die Stimmen, die von Wissenschaftsminister Claus von Trotha ein disziplinarrechtliches Vorgehen fordern. Das Wissenschaftsministerium erklärte auf Anfrage, man habe bereits eine Stellungnahme der PH Karlsruhe angefordert.
Fatale Folge der in Karlsruhe bekanntgewordenen Auseinandersetzung: mehrere telefonische Drohungen und Beschimpfungen bei Nicole H. „Asylantensau“ hieß es, und: „Wir kriegen dich noch.“ Dieter Balle
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