: Naturparadies muß bleiben!
■ 9000 Einwendungen gegen Hafenerweiterung und für Altenwerder / Kritik an ÖTV-Kurs
gegen Hafenerweiterung
und für Altenwerder / Kritik an ÖTV-Kurs
Die öffentliche Anhörung zur Hafenerweiterung kann auf Hamburger Terrain wohl allenfalls in der Alsterdorfer Sporthalle stattfinden. Ein Tag vor Ablauf der Frist liegen dem Amt für Strom und Hafenbau bereits ordnerweise Einwendungen gegen das Boom-Town- Projekt vor, unterschrieben von insgesamt 9000 Personen. Allein die Sammeleinwendungen vom Förderverein „Rettet die Elbe“, der GAL und dem BUND fanden über 8500 UnterzeichnerInnen, daneben flatterte dem Unteramt der Wirtschaftsbehörde noch einmal ein ganzer Packen Einzeleinwendungen auf den Tisch.
Ökonomische, ökologische und formaljuristische Argumente gegen die Ausdehnung der Hafenflächen sind in dem Papierberg gleichrangig vertreten. So bezweifelt der GAL- Hafenexperte Helmut Deecke, daß die Zusatzflächen benötigt werden, um den Hafen konkurrenzfähig zu halten. Alle bisherigen Wachstumsprognosen des Senats hätten sich als unzutreffend herausgestellt.
Zudem gebe es innerhalb des bestehenden Hafenareals noch 362 Hektar ungenutzte Flächen, die zunächst für eine Nutzungsintensivierung genutzt werden sollten. Weiter kritisiert Deecke, daß die Wirtschaftsbehörde bis heute keine Kosten-Nutzen-Analyse der Erweiterung vorgelegt hat und nie untersuchen ließ, welche Folgen eine Nichtausweitung der Hafenflächen hätte. Auch sei kein zusätzlicher Arbeitsplatz von dem Projekt zu erwarten und die Finanzierung der ehrgeizigen Pläne ungesichert.
Durch die Hafenerweiterung, so kritisiert GAL-Umweltsprecher Joachim Schulze-Bergmann, ginge ein „Naturparadies“ verloren und würde die Reinheit des Grundwassers im Bereich des Wasserwerks Süderelbmarsch gefährdet. Die als Ausgleichsmaßnahme vorgesehene Öffnung der Alten Süderelbe könnte diesen Verlust keinesfalls wettmachen. Unzulässig sei es auch, Hafenerweiterung und Süderelböffnung planungsrechtlich wie zeitlich voneinander zu trennen und die Hafenerweiterung nicht nach den Vorgaben des Bundesbaugesetzes zu genehmigen.
Sollte die Wirtschaftsbehörde
1nicht einlenken, will die GAL klagen, dabei „notfalls sogar vors Bundesverfassungsgericht“ ziehen. Auch die letzten Bewohner von Altenwerder geben sich kämpferisch. Elbfischer Heinz Oestmann: „Wir lassen uns nicht einfach verplanen und werden mit allen Mitteln unsere Vertreibung verhindern.
Im Visier der Naturschützer-Kritik: Die Hamburger ÖTV, deren Bezirksvorstand sich heute ohne Wenn und Aber für die Erweiterung aussprechen will. GAL-Sprecherin Krista Sager bedauerte, „daß
1die Gewerkschaft offensichtlich nicht in der Lage ist, einen vom SPD-Senat unabhängigen Kurs zu fahren“. Herbert Nix von „Rettet die Elbe“: „Wir können diese Haltung nicht nachvollziehen, denn wir wissen, daß große Teile der ÖTV-Basis gegen die Pläne sind.“
Zu der gehört auch die ÖTV- Betriebsgruppe der Umweltbehörde, die selbst zu den Einwendern gegen die Senatspläne zählt. Betriebsgruppensprecher Alexander Porschke: „Ich habe zwar Verständnis dafür, daß die in der ÖTV
1organisierten Hafenarbeiter die Erweiterung wollen, doch der Rest der Gewerkschaft sollte sich nicht vor den Karren der Wirtschaftsbehörde spannen lassen.“ Wenn heute hinter verschlossenen Türen die Position der Gewerkschaft endgültig festgeklopft wird, werden die gewerkschaftlichen Erweiterungsgegner zwar noch einmal den Streit suchen, doch Mehrheitschancen haben sie keine. Alexander Porschke: „Ich träume nicht einmal davon, daß wir uns durchsetzen werden.“ Marco Carini
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