piwik no script img

Streit um Flüchtlingsheim

■ Sozialsenator will Hotel in Huchting für Bosnienflüchtlinge mieten

Für Konfliktstoff sorgen Pläne der Sozialverwaltung zur Unterbringung von Flüchtlingen in Huchting. Das Ressort für Soziales und Gesundheit verhandelt derzeit über die Unterbringung von 100 bis 120 Bürgerkriegsflüchtlingen aus Bosnien im Huchtinger Hotel „Zum Landgrafen“. Noch gibt es keine endgültigen Erklärungen, doch soviel scheint festzustehen: Der Beirat Huchting ist dagegen, die Sozialverwaltung und auch die Sozialdeputation sind dafür.

Angeheizt wurde die Stimmung durch einen Artikel im „Weser Report“ vom vergangenen Wochenende. In einer vier Zentimeter dicken Überschrift war da von einem „Flüchtlingshotel für 15 Mio. DM“ die Rede. „Absolut überhöht und unbegründet, einfach Wahnsinn“ sagt die Sprecherin des Sozialressorts, Andrea Frenzel-Heiduk, zu diesen Angaben. „Das ist schließlich ein Hotel, und kein Palast.“ Die Kosten seien weitaus niedriger, denn es werde nicht pro Nase und Nacht abgerechnet, sondern das Hotel „im Ganzen gekauft oder gemietet.“

Nachdem die Senatsverwaltung ihre Pläne für Huchting dem Beirat mitgeteilt hatte, berief dieser eine öffentlichen Sitzung zu diesem Thema für den 19. April ein. Beiratssprecher Ralf Seiter (SPD) wehrt sich gegen den Eindruck, generell gegen die Aufnahme von Flüchtlingen zu sein: „Ich bin für eine Aufnahme von bosnischen Kriegsflüchtlingen für zwei oder drei Jahre. Aber eine Unterbringung von über 100 Personen über 10 Jahre ist unfaßbar. Wir haben Ende letzten Jahres einem Kompromiß zur Unterbringung von 75 Asylbewerbern am Wardamm zugestimmt, doch ob die Bevölkerung diese neuen Pläne mitträgt, kann ich nicht sagen.“ Seiter will von der Behörde erst einen Nachweis über die Belastung der anderen Stadtteile haben, denn er vermutet „große weiße Flecken“ auf der Landkarte, wo keine Flüchtlingsunterkünfte stehen. „Mir wäre es auch lieber, wenn wir ein Haus in Schwachhausen hätten“, sagt Andrea Frenzel-Heiduk. Die Unterscheidung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylsuchenden will sie nicht mitmachen: „Jugoslawien kennen die Leute, weil sie da ihren Bauch schon mal in die Sonne gehalten haben. Aber zählen Menschen nicht, die von anderen Regimen gefoltert werden?“ Auch die Armutswanderung höre nicht in zwei oder drei Jahren auf.

Elke Steinhöfel, SPD-Mitglied in der Sozialdeputation, sieht das Huchtinger Hotel als Flüchtlingsunterkunft kommen. Auch sie wehrt sich gegen Differenzierungen bei den Flüchtlingen; die Leute seien unterzubringen, egal woher sie kämen. „Wir stehen auf der Suche nach Aufenthaltsräumen mit dem Rücken zur Wand. Wenn es nicht ganz essentielle Gründe dagegen gibt, wird sich die Deputation bei ihrer Sitzung am 29. April dieses Haus wohl nicht entgehen lassen.“ bpo

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen