Sanssouci
: Vorschlag

■ Association Urbanetique im A-Trane

Wollte man „Sinfonie einer Großstadt“ neu drehen oder „Metropolis“, könnte dies die Musik dazu sein. Association Urbanetique bedeutet am ehesten: Assoziationen von „Stadt“. Der Name ist nur scheinbar französisch, die Stadt ist Berlin.

Die Musik ist äußerst klar – man hört jedes Instrument, jeden Ton, jeden Schlag, jeden Strich – und sie wirkt schnell, treibend, metallisch und laut. Aber das ist zugleich eine akustische Täuschung, denn weder ist sie überhaupt laut, noch ist sie immer schnell, sondern sie drückt das aus: „das Urbane“, das Tempo, das Massenhafte, das Helle, das Volle, das Leere.

Sehr raffiniert. Dabei ist der Kontrabaß unprätentiös jazzig, weich und federnd, das Schlagzeug ist überwiegend über die leiseren Geräte der Apparatur gespielt, das Saxophon klingt aufgeräumt wie ein Flaneur im Großstadtdschungel. Diese Musik geht in den Kopf der ZuhörerInnen, und dort entstehen die Stadtbilder – wenn man sie läßt – und ein deutliches Gefühl für die eigene Realität.

Wäre das alles, wäre es nur „stark“ – ungeheuer kunstvoll und expressiv, aber auch irgendwie tiefsinnig und „deutsch“, als Jazz. Association Urbanetique sind aber im Grunde auch witzig! Der trockene Humor, den sie persönlich haben, setzt sich fort, wenn die komplexesten Soli selbstironisch gebrochen werden, indem die Instrumente kommentierend kichern, Grimassen schneiden (!), meckern, quengeln, lachen, schäkern; das geht bis in die Struktur der Songs.

Musik als Impulsgeber für frei flottierende Phantasien: Bei dem Stück, das, wie sich nachträglich herausstellte, „Feuerbauch“ heißt, dachte ich an eine S-Bahn, die auf einem Abstellgleis – wie Clark Kent hinter der Tür – ihre „Karosserie“ aufklappt und Super-S-Bahn wird, eine Mischung von feuerspeiendem Drachen und japanischem Hochgeschwindigkeitszug – um sich schließlich wieder in die S-Bahn zurückzuverwandeln, von der in jedem Hochgeschwindigkeitszug etwas steckt. „Straight groove Jazz“ nennt sich das simpel. Anna Wassereymer

Felix Wahnshuffle (sax), Frank Schimmelpfennig (g), Horst Nonnemacher (b), Rainer Dobben (dr). Am 7. April im A-Trane, Pestalozzistraße 105, Charlottenburg