■ Ausdünnung, Auffüllung etc.: Goethe muß sparen
Nach einer Rüge des Bundesrechnungshofes sollen in rund 30 Goethe-Instituten die Bibliotheken geschlossen werden; ihr Unterhalt sei zu kostspielig, der Aufwand stehe in keinem Verhältnis zur Zahl der Benutzer, haben die obersten Rechnungsprüfer kürzlich entschieden.
Nun gehört der Bundesrechnungshof traditionsgemäß zu jenen Institutionen im Lande, denen die Pflege der deutschen Sprache und der deutschen Kultur ein besonderes Anliegen ist und deren Kompetenz in literarischen Fragen nicht bezweifelt werden kann. Der Jahresbericht, den die Buchprüfer der Nation alljährlich zur Buchmesse vorlegen, gehört zu den amüsantesten Produkten des deutschen Literaturbetriebes, ist flott geschrieben und höchst informativ. Wer wissen möchte, wo und wie in der Bundesrepublik öffentliche Mittel vergeudet werden, findet in dem Report alle Daten, Fakten, Hintergründe. So war es nur eine Frage der Zeit, bis der Rechnungshof auf das Mißverhältnis zwischen den Kosten für den Unterhalt der Bibliotheken und der Zahl der Benutzer stoßen mußte, vor allem in Ländern, in denen Deutsch nicht die Landessprache ist.
Nun wird die Axt angesetzt. In Los Angeles zum Beispiel, wo unbestritten mehr Einwohner Englisch, Spanisch und Koreanisch als Deutsch sprechen, wird durch die Auflösung der Bibliothek und die Entlassung des Bibliothekars ein Betrag von ca. 35.000 DM jährlich eingespart werden. Das klingt nicht nach viel, aber bei zehn Bibliotheken wären es immerhin 350.000 DM, das Jahresgehalt eines Treuhanddirektors. Übrig bleibt eine kleine Präsenzbibliothek, also Wörterbücher, Nachschlagewerke und eine Sammlung von Zeitungen und Zeitschriften.
Die Goethe-Mitarbeiter haben für diese Maßnahme kein Verständnis. Sie meinen, daß ohne eine anständige Bibliothek keine vernünftige Kulturarbeit geleistet werden kann. Und so denken sie darüber nach, wie sie die ausgedünnten Bestände ein wenig auffüllen können, ohne daß neue Kosten verursacht werden. Es sollen der Otto-, der Quelle- und der Beate-Uhse-Katalog angeschafft werden, um die schöngeistigen Werke zu ersetzen, der große ADAC-Atlas und das Handbuch des Bundestages werden die Stelle der Sachbücher einnehmen. Daß es sich hierbei um eine Notlösung handelt, ist den Goethe-Repräsentanten in L.A. durchaus bewußt.
Mit Wehmut denken sie an die Zeit zurück, da die Andeutung, die DDR werde demnächst ihre Kulturarbeit verstärken, genügte, um mehr Mittel für die Anschaffung von Büchern, Filmen und Lehrmaterialien zu erhalten. „Auch wir müssen Opfer für die Einheit bringen, aber wie sollen wir das unseren amerikanischen Freunden erklären?“
Well, die amerikanischen Freunde werden sich mit den geänderten Zuständen bei Goethes abfinden müssen. Schließlich haben auch die GIs in Deutschland die Kaugummis nur so lange umsonst verteilt, bis genug Kunden da waren, die das Zeug gerne kaufen wollten. Und wenn wir nach über 30 Jahren unsere Gratisleistungen einstellen, dann fallen wir nicht zurück, wir ziehen nur gleich. Got it right? Henryk M. Broder
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