: Karadzic kriegt kalte Füße
■ Selbsternannter "Präsident" sprciht von "Mißverständnis" / Erneut schwere Kämpfe in Bosnien / Behörden in Srebenica verbieten erneut Evakuierung / Mitsotakis in Belgrad
Bileca/Sarajevo (dpa/AP/taz) Um eine Entscheidung des Sicherheitsrates über neue Sanktionen zu verzögern, versuchte der Oberkommandierende der bosnischen Serben, Radovan Karadžić, die klare Ablehnung des Vance- Owen-Plans durch das selbsternannte „Parlament“ der bosnischen Serben am letzten Wochenende zu relativieren. Die Ablehnung beziehe sich „nur“ auf die Karte zur Aufteilung Bosnien- Herzegowinas in zehn Provinzen, schrieb er in einem am Montag veröffentlichten Brief an den Sicherheitsrat. Erneute forderte er „Direktverhandlungen“ zwischen den drei bosnischen Kriegsparteien. Heute fliegt Karadžić nach Moskau, wo er sich mit nationalistischen Gruppen treffen wird.
Die Muslime Bosniens lehnen die von Karadžić geforderten Gespräche aller Konfliktparteien weiterhin ab. Ein für gestern am Flughafen Sarajevo vorgesehenes Treffen von Militärführern der drei Seiten kam nicht zustande. Die Kommandeure der bosnischen Regierungsarmee sagten ihre Teilnahme aufgrund der „fortgesetzten serbischen Aggression gegen die Stadt Srebenica“ ab. Trotz dieser klaren Absage der muslimischen Seite hoffte die UNO am Dienstag weiterhin auf ein Zustandekommen der Gespräche. Auf dem Flughafen hätte die Festigung des Waffenstillstandes und eine Entmilitarisierung der seit einem Jahr belagerten bosnischen Hauptstadt Sarajevo besprochen werden sollen.
Eine weiterer UN-Hilfskonvoi mußte die ebenfalls seit Monaten von Truppen der bosnischen Serben belagerte mulimische Enklave Srebrenica am Dienstag mittag leer wieder verlassen. Obwohl um Srebrenica heftig gekämpft wurde, weigerten sich die muslimischen Behörden, der vom Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) angestrebten Evakuierung der 15.000 ZivilistInnen in der Stadt zuzustimmen. Die muslimischen Verteidiger sehen in der UN-Aktion eine Unterstützung der von den bosnischen Serben betriebenen Politik der „ethnischen“ Säuberung. Das UN- Flüchtlingskommissariat will trotz der erneuten Weigerung der Behörden Srebrenicas mit der geplanten Evakuierung fortfahren. Ein weiterer Hilfskonvoi, der am Dienstag morgen auf der Fahrt in die belagerte Stadt von serbischen Milizen aufgehalten worden war, konnte seine Fahrt am Nachmittag fortsetzen.
Der griechische Ministerpräsident Konstantinos Mitsotakis ist gestern zu Gesprächen in Belgrad eingetroffen. Vor der Abreise aus Athen kündigte Mitsotakis an, er wolle in der serbischen Hauptstadt für die Annahme des UN-Friedensplanes werben. a.z./rr
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