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Belämmerte Behörde

■ Bauer im Hafenerweiterungsgebiet soll städtische Weideflächen opfern

soll städtische Weideflächen opfern

Rudolf Hunsoth glaubte erst an einen Aprilscherz, als ihm Anfang dieses Monats ein höchst offizielles Behördenschreiben ins Haus flatterte. Aus ihm erfuhr der 70jährige Landwirt aus Altenwerder, daß ihm die Liegenschaftsverwaltung der Finanzbehörde die kostenlose Nutzung von 105 489 Quadratmetern Hafenerweiterungsfläche zum 1. Mai kündigt.

Seit zwölf Jahren läßt Hunsoth auf den Grünflächen sein Rindvieh grasen. Das Behördenschreiben begründet die plötzliche Kündigung damit, daß das Gelände nun „für andere Zwecke“ gebraucht werde. Hunsoth, der in der Vergangenheit mehrfach öffentlich gegen die Hafenerweiterung Stellung bezogen hat, befürchtet: „Die wollen mich mit solchen Schikanen in die Knie zwingen“. Behördenterror gegen Hafenerweiterungsgegner?

Anruf bei Mathias Woisin, dem Sprecher der Finanzbehörde. Der kennt, nach kurzer Nachfrage in der Liegenschaft, die „anderen Zwecke“: „Die Schafe der Wirtschaftsbehörde sollen da hin.“ Als sich der taz-Redakteur etwas verwundert über die respektlose Titulierung der behördlichen KollegInnen durch den Amtsmann zeigt (wo wir uns doch so bemühen, Polizisten niemals aus Versehen als Bullen zu bezeichnen), erhält er weitere Aufklärung: Die Wirtschaftsbehörde sei als Schafzüchter tätig. Nicht wundern, nur staunen. Wirtschaftssenator Krupp mit Hirtenstab, Schlapphut und Schäferhund — ein Bild nicht ohne Charme.

Woisin wird präziser: Das der Wirtschaftsbehörde untergeordnete Amt für Strom- und Hafenbau plant nicht nur die Hafenerweiterung, es pflegt auch die Hamburger Deiche, deren Bewuchs wiederum von einigen hundert Wollproduzenten unter Kontrolle gehalten wird. In der Sommerdürre mangelt es den Deichen zuweilen an Gras, deshalb hat die Wirtschaftsbehörde bei der Liegenschaft um Ausweichflächen angefragt. Die erinnerte sich an ihre Altenwerder Besitzstände, und schon war Rudolf Hunsoth seine kostenlosen Weide los.

Epilog: Manchmal arbeiten Behörden schnell. Nur einige Minuten nach den belämmerten Auskünften des Finanzbehördenmitarbeiters meldet sich Folkert Bildhauer, Sprecher des Amtes für Strom- und Hafenbau am taz-Telefon und bekräftigt, daß seine Behörde nun wirklich nicht vorhabe, mit Schafen gegen Hafenerweiterungsgegner vorzugehen. Er sei davon ausgegangen, daß Bauer Hunsoth damit einverstanden sei, daß die Liegenschaft ihm seine Weideflächen einfach wegnehme. Außerdem: Vielleicht brauchten die Hafenbauer für die 700 Amtsschafe gar nicht soviel Land, eventuell auch gar nicht dieses. „Herr Hunsoth soll sich schnell mit mir in Verbindung setzen“, bittet der Behördenmann, „wir werden das einvernehmlich klären.“ Ist die Hafenerweiterungsbehörde zu Ostern lammfromm geworden? Marco Carini

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