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„Kein Robin-Hood- Rabatt für Linke“

■ 22 Monate auf Bewährung wegen Steinwurf nach Sat.1- Sendung / Staatsanwalt Weber kündigt härteres Vorgehen an

Berlin. Vor dem Amtsgericht Tiergarten wurde am Donnerstag ein 27jähriger Mann wegen schweren Landfriedensbruchs, Widerstandes gegen Polizeibeamte sowie versuchter Körperverletzung und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt. Der gewaltsame Protest des Mannes galt Rostocker Bürgern, die am 27. August letzten Jahres in der Sat.1-Sendung „Einspruch“ in der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg über Ausländerfeindlichkeit diskutiert hatten. Die Strafe wurde zu einer vierjährigen Bewährung ausgesetzt.

Das Gericht folgte damit dem Strafantrag von Oberstaatsanwalt Carlo Weber. Weber, der Leiter des Dezernats 81 für Gewalt- Staatsschutz- und Friedensdelikte ist, nutzte sein Plädoyer für grundsätzliche Ausführungen über sein Vorgehen in politischen Strafverfahren. Nach den rechten Gewalttaten der letzten Zeit, dürfe es keinen Robin-Hood-Rabatt für linke Gewalttäter mehr geben, wie man ihn aus den Hausbesetzerprozessen aus den achtziger Jahren kenne. Die Gesellschaft, so Weber, befände sich in „einem Zangengriff von links und rechts“. Während früher Gewalttäter vorwiegend auf die Polizei losgegangen seien, fänden solche Auseinandersetzungen nun unter den Bürgern selbst statt. Die Demokratie dürfe dies nicht stillschweigend dulden. Weber kündigte an, in Zukunft stärker vom Paragraph 56, Absatz 3 der Strafprozeßordnung Gebrauch zu machen. Dieser Paragraph räumt die Möglichkeit ein, bei Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt werden können, davon abzusehen, wenn dies zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich ist.

Da der Angeklagte geständig war, sah Weber davon ab, bereits in dem Verfahren am Donnerstag dieser Linie zu folgen. Der 27jährige hatte eingestanden, bei den Auseinandersetzungen Ende August vergangenen Jahres eine Bierflasche und einen Stein auf einen Rostocker Reisebus geworfen und dabei einen Polizeibeamten getroffen zu haben. Anlaß für die Ausschreitungen war eine Sat.1- Diskussion zu den Rostocker Pogromen. Neben Rostocker Bürgern war auch das Hamburger Mitglied der „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“ (GdNF), Christian Worch, eingeladen. Vor der Kulturbrauerei protestierten etwa hundert Demonstranten gegen den geplanten Fernsehauftritt des Neonazis. Worch selbst hatte, nach Angaben von Augenzeugen, allerdings schon kurz vor der Sendung das Weite gesucht, nachdem sein Auto von Steinwürfen getroffen worden war. Als der Bus mit den Rostocker Gästen nach der Sendung unter Polizeischutz das Brauereigelände verließ, kam es erneut zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Der 27jährige Angeklagte hatte nach seiner Verhaftung zwei Wochen lang in Untersuchungshaft gesessen. Der Verteidiger hatte während des gesamten Prozesses nicht in die Beweisführung eingegriffen und folgte in seinem Plädoyer der Strafforderung von Weber. Dieser hatte betont, daß es keinen Robin-Hood-Rabatt mehr geben dürfe, dafür jedoch einen „Umkehr-Rabatt“ für jene, die sich fortan gegen Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung wenden. Denen, so Weber, dürfe der Staat die Zukunft nicht verbauen. Uwe Rada

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