: Was aber wäre wenn?
■ Die G-7-Länder würden Rußland ja helfen, wenn... Die Teilnehmer des Gipfels weisen stets auf ihre Gegenüber
Tokio (taz) – Wenn, wenn, wenn“, spottete ein amerikanischer Diplomat in Tokio. „Mit dem Wörtchen ,Wenn‘ müßte alles beginnen, was über diesen Gipfel gesagt wird.“ Wenn also Jelzin sein Referendum überlebt, wenn die Zentralbank in Moskau endlich Kooperationsbereitschaft signalisierte, wenn schließlich der Kongreß in Washington den Vereinbarungen zustimmte und die japanische Regierung sie einhielte – dann, ja dann könnte Rußland tatsächlich geholfen werden. Mehr oder gar konkrete Zahlen durfte gestern niemand vom ersten Tag des G-7-Treffens der Außen- und Finanzminister in Tokio erwarten.
„Jetzt sind vor allem die anderen finanzkräftigen Partner gefordert“, gab Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) rechtzeitig vor. Mit Blick über die mondänen Luxusbauten der Tokioter Innenstadt konnte bei den G-7-Gästen im vornehmen New Otani Hotel tatsächlich der Eindruck entstehen, daß gerade das Gastgeberland geeignet wäre, nicht nur Sushi-Diners für die Diplomaten, sondern auch Hilfe für die russischen Nachbarn zu präsentieren.
Der japanische Premierminister Kiichi Miyazawa hatte diese Stimmung vorausgeahnt. Schon bei seiner Eröffnungsrede versprach Miyazawa ein 1,82-Milliarden-Dollar-Hilfspaket für Rußland. Kein anderes Land, so brüstete sich später die japanische Delegation, würde derzeit mehr fresh money zur Verfügung stellen.
Das „frische Geld“ entpuppt sich tatsächlich als Schlüsselbegriff der G-7-Gespräche. Kaum ein Gesprächsteilnehmer kann mehr feststellen, welches Land heute Programme erneut anbietet, die nicht schon gestern großzügig verkündet wurden. Theo Waigel, der ohnehin nichts mehr zu bieten hat, sprach dazu ein ehrliches Wort: „Daß alles hier fresh money ist, kann wahrlich niemand behaupten.“
Die Amerikaner meinten das trotzdem. Sie nämlich kamen mit dem einzig neuen Gedanken des Tages: Zwei Fonds mit zusammen vier Milliarden Dollar für die Privatisierung russischer Staatsbetriebe und die Zerstörung von Atomwaffen sollen nach Vorstellung von US-Außenminister Warren Christopher angelegt werden. Dazu würden die Weltbank und der Internationale Währungsfonds zwei Milliarden, Amerika 500 Millionen und den Rest die versammelte G-7-Gruppe beitragen. Doch sofort schüttelte Waigel den Kopf: „Dazu gibt es keine Zusage“, sagte der Bundesfinanzminister. Die Amerikaner hatten eine andere Antwort erwartet.
Nicht nur mit den Deutschen, auch mit den Japanern ging die US-Delegation hart ins Gericht. Finanzminister Lloyd Bentsen scheute sich nicht, den Japanern anheim zu stellen, ihr Hilfspaket für Rußland noch einmal aufzuschnüren, wenn Premierminister Miyazawa später in dieser Woche Präsident Clinton in Washington besucht. Entsetzt wehrten sich japanische Diplomaten, daß sie doch „ihr Bestes“ gegeben hätten. In Wirklichkeit allerdings will Japan den Löwenanteil seiner Hilfe in den Energiesektor stecken, der schnelle Rückläufe erwarten läßt.
„Wir brauchen Geduld und langen Atem“, wiederholte Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) in Tokio seinen Wahlspruch. Neu war, daß Kinkel nicht nur das Überleben Jelzins, sondern auch das Schicksal von Außenministers Andrei Kozyrew als für den Fortgang der russischen Reformen maßgeblich bezeichnete. Ein Signal an die Moskauer Opposition – der Gipfel in Tokio ist auch nicht mehr. Immerhin hat Boris Jelzin geantwortet: Ende Mai wird er nun nach Tokio kommen; wenn ... Georg Blume
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