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Akustisches Waterloo

■ Heavy Metal-„Iron Maiden live in der Bremer Stadthalle

Wenn Iron Maiden in der Bremer Stadthalle gastieren, sind zwei Dinge garantiert: Köstliche Kunstmonster und ein miserabeler Sound. Leider, denn seit Anfang der Achtziger ist die prägnannte Doppel-Lead-Gitarre das Markenzeichen der Heavy-Metal- Größen.

Auf Vinyl lebt das im Grunde triviale Gerocke von der sauberen Produktion. Insofern sind Großveranstaltungen dieser Art nicht nur wegen der horrenden Preise mit Vorsicht zu genießen: Das akustische Waterloo ist vorprogrammiert. In einer Beziehung hatten die Veranstalter aber wnigstens am Freitag dazugelernt: die weiblichen Maiden-Fans wurden von abgeordneten Frauen und nicht wie sonst von geifernden Ordnern abgetastet.

Wie befürchtet war der Sound breiig und undifferenziert, statt des Schlagzeugs gab's Gepolter, den Gitarren fehlte die Brillianz. Mehrmals versetzte der Soundmann das Publikum mit wattstarkem Feedback in Angst und Schrecken.

So war die Stimmung in der bestenfalls zu zwei Dritteln gefüllten Halle auch eher kühl. Sobald Frontmann Bruce Dickinson das Signal zum Mitklatschen gab, wurde dem brav aber kurz Folge geleistet. Die Eigeninitative der vorwiegend männlichen Zuhörerschaft beschränkte sich darauf, gelegendlich „Maiden!“ zu rufen und den Arm zum teuflischen Metallergruß zu recken.

Obwohl Maiden Altes und Neues mischten, schafften sie es nicht, die nostalgisch gestimmte Zuhörerschaft zu erwärmen. Es fehlten zu viele der alten Hits, um deretwegen das Gros zur übrigens letzten Tour der Briten mit ihrem Original-Sänger gekommen war. Da halfen auch eine aufwendige Light-Show und die Eselsbrücken für die nicht ganz werkfesten, riesigen Leinwände mit zum Song passenden Albumcovern, nichts.

Wenigstens auf die Monster war verlaß. Die diesmalige Inkarnation des Bandmaskottchens Eddie, einem Humanoiden mit grinsendem Totenschädel, wirkte etwas hüftsteif, war aber dafür über drei Meter groß und sorgte mit wirbelden, klapprigen Holzarmen für Aufruhr. Mit heroischen Gitarrenhieben gelang es der Band jedoch, den Unhold von der Bühne zu vertreiben.

Als dann ein blauer Riesenkürbis mit rot-leuchtenden Augen im Kunstnebel über der Bühne herumgeisterte, wußte der erfahrene Maiden-Fan, was die Stunde geschlagen hatte. Noch eine Zugabe konnten die müden Bremer den müden Briten entlocken, nach weniger als zwei Stunden war der monotone Spuk aber vorbei.

Zurück blieben mal wieder viele tausend zerknickte Plastik- Einwegbecher, und ein trotz aller Enttäuschung leergekaufter T-Shirt-Stand. Damit man wenigstens neidischen Freunden, die nicht mitgekommen waren, vorschwindeln kann, wie toll es war.

L.R.

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