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Vierzig Festnahmen bei Fahrraddemo

■ Heftige Auseinandersetzungen um Bannmeile am Hotel Kempinski / Autofahrer fuhr sieben Fahrradfahrer um / Auch bei Essen des Bundespräsidenten scharfe Sicherheitsvorkehrungen

Berlin. Heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei überschatteten am Montag abend eine nicht angemeldete Fahrraddemo von Olympiagegnern. Dabei wurden nach Angaben der Polizei 40 Menschen festgenommen. Die rund 500 Personen waren vom Alexanderplatz zum weiträumig abgesperrten Zielpunkt Hotel Kempinski gestartet, wo zur gleichen Zeit Bundesinnenminister Rudolf Seiters die IOC-Delegation zum Essen geladen hatte.

Gegen elf Demoteilnehmer ist ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Die Polizei stellte einen Metallschlagstock, ein Butterfly-messer und einen Gasrevolver sicher.

„Die waren wahrscheinlich sauer, daß wir es geschafft haben, auf den Ku'damm zu kommen“, kommentierte ein Teilnehmer die Aktionen der Polizei. Die Demonstranten hatten mehrfach versucht, über Nebenstraßen zum Hotel vorzudringen. Unsanft wurden die Olympiagegner vom Rad geholt; nach Darstellung der Demonstranten wurden dabei auch zahlreiche Drahtesel demoliert. Drei Demonstrantinnen wurden außerdem verletzt, als in der Hardenbergstraße ein Autofahrer die Nerven verlor und sieben Fahrradfahrer anfuhr. Auch sechs Räder wurden dabei total zerstört.

Im weiteren Verlauf teilte sich die Fahrraddemo. Rund die Hälfte der Teilnehmer fuhr zum Schloß Bellevue. Dort kam es erneut zu einem Polizeieinsatz, nachdem Leuchtspurraketen gezündet wurden. Die Polizei verfolgte die Demonstranten anschließend bis in den Ostteil, die letzten Festnahmen fanden in der Otto-Grotewohl-Straße statt. Nicht nur Olympiagegner hatten unter dem massiven Sicherheitsaufgebot zu leiden. Die Prominenz im Hotel Kempinski mußte ungewohnte Leibesvisitationen über sich ergehen lassen. Auch bei der IOC-Prüfungskommission hinterließ dieses Polizeiaufgebot eher Befremden. „Wenn die Berliner meinen, ein solch großes Aufgebot zu benötigen, will ich das nicht kommentieren“, sagte Richard Carrion, puertoricanisches Mitglied der Kommission.

Auch gestern waren die Sicherheitsmaßnahmen äußerst scharf. Während der Bundespräsident die IOC-Delegation im Schloß Bellevue empfing, war das Gelände vor dem Schloß weiträumig abgesperrt. Fahradfahrer durften nicht am Schloß vorbeifahren, sondern mußten den gegenüberliegenden Radweg benutzen. Im benachbarten Tierpark patroullierten Polizeihundestaffeln, die sich ihre Zeit damit vertrieben, Anti-Olympia- Aufkleber von den Parkbänken zu knibbeln. Auf Nachfrage meinten sie, es könne ja sein, daß das Komitee einen Spaziergang durch den Park machen wolle. Hella Kloss

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