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Nur Diepgen ist Optimist

■ Regierender Bürgermeister sieht gestiegene Chancen für Olympia 2000 / Mißbilligungsantrag bei Bündnis 90/Grüne

Berlin. Es war schon ein gewohntes Bild, das sich den Berlinern gestern vor dem Roten Rathaus zeigte. Während vor der Tür zahlreiche Männer in Grün das Gebäude abschirmten, referierte drinnen Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen über den zu Ende gegangenen Besuch der IOC-Prüfungskommission. Der optimistische Tenor seiner Ausführungen über die „nochmals gestiegenen“ Chancen Berlins für die Spiele im Jahr 2000 ließ die versammelten Journalisten eher unruhig auf ihren Sitzen hin- und herrutschen. Selbst das Auftreten und die Äußerungen der Olympia-Gegner, frohlockte Diepgen, hätten der Bewerbung „eher genutzt“ als geschadet.

Daß das Image der Stadt durch das massive Polizeiaufgebot gelitten haben könnte, wies Diepgen hingegen von sich. Trotz aller gegenteiligen Aussagen im Vorfeld sei den IOC-Mitgliedern bewiesen worden, daß die Stadt „sicher ist und für Sicherheit gesorgt wird“. Auch das zum Teil rüde Vorgehen der Uniformierten gegen Olympia-Gegner auf dem Kurfürstendamm stieß auf seine nachträgliche Zustimmung. Angesichts der Aufrufe zu Gewalttätigkeiten im Vorfeld des Besuches könne er es der Polizei nicht verübeln, daß sie „ganz konkret auf Nummer Sicher“ gegangen sei.

Bürgermeister Diepgen blieb dabei: Berlin habe während des fünftägigen Besuchs der IOC- Kommission „verdammt gut abgeschnitten“. Die IOC-Mitglieder seien positiv von den Bauvorbereitungen für die Olympiahalle, das Mediendorf, das Dorf für die olympische Familie und das Reitsportzentrum in Hoppegarten überrascht gewesen. Auch das Gespräch des Kommissionsvorsitzenden Gunnar Ericsson mit den Olympia-Gegnern, das Diepgen nach eigenen Worten selbst eingefädelt hatte, habe gezeigt, „daß wir nichts zu verbergen hatten“. Dies sei eine „Demonstration der Stärke der Demokratie und unserer Argumente“, so schlußfolgerte Diepgen.

Streit beim Bündnis 90/Grüne

Der Besuch der IOC-Kommission hatte auch bei der Fraktion Bündnis 90/Grüne ein Nachspiel – ganz eigener Art. Am Dienstag abend mißbilligte die Fraktionsmehrheit das Verhalten ihrer Vorsitzenden vom Bündnis 90, Annete Detering, die zusammen mit anderen Mitgliedern ihrer Partei von einer Teilnahme an der Anti-Olympia- Demonstration abgeraten und den Rücktritt der sportpolitischen Sprecherin Judith Demba gefordert hatte. „Ausdrücklich“, so die Fraktion, sei Judith Demba das Vertrauen der Partei ausgesprochen worden.

Offenbar im Zusammenhang mit Olympia wurden in der Nacht zum Mittwoch sechs Fahrzeuge der Telekom von unbekannten Tätern in der Soldiner Straße in Wedding in Brand gesteckt. Zwei Autos vom Typ „Renault Rapid“ brannten völlig aus, zwei weitere wurden durch die Flammen leicht beschädigt, sagte ein Telekom- Sprecher. Severin Weiland

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