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Neuer Handelskrieg steht bevor

■ US-Handelsbeauftragter zeigt Härte in Verhandlungen

Berlin (taz) – Der Streit zwischen der EG und den USA um den gegenseitigen Marktzugang scheint zu eskalieren. Nachdem der EG-Handelskommissar Leon Brittan und der US-Handelsbeauftragte Mickey Kantor sich in zweitägigen Beratungen nicht auf einen Kompromiß einigen konnten, steht jetzt ein erneuter Handelskrieg unmittelbar bevor. Am heutigen Donnerstag will die US-Regierung Handelssanktionen gegen die EG verhängen – wenn nicht noch die allerletzte Möglichkeit zur Beilegung des Konflikts genutzt wird. Bis Mittwoch abend wollten Brittan und Kantor noch einmal telefonieren.

Scheitert dieser letzte Einigungsversuch, dann werden die USA europäische Unternehmen einzelner Branchen vom Zugang auf den US-Markt ausschließen, was diesen Verluste von rund 50 Millionen Dollar pro Jahr bescheren würde. In Brüssel werden schon Vergeltungsmaßnahmen geplant.

Diesmal entzündete sich der Streit an der Vergabe öffentlicher Aufträge für Telekommunikation, Verkehr und Energieversorgung. Die US-Regierung will die Aufhebung einer EG-Richtlinie durchsetzen, wonach bei öffentlichen Aufträgen Unternehmen aus EG- Ländern auch dann den Zuschlag erhalten, wenn sie bis zu drei Prozent teurer sind als ihre ausländischen Konkurrenten. Kantor behauptet, die US-Märkte stünden dagegen allen Bewerbern offen.

Ganz falsch – kontern die EG- Vertreter. Zwar könnten sich die europäischen Unternehmen auf US-Aufträge bewerben, bloß hätten sie wegen zahlloser Einschränkungen keine Chance, den Zuschlag zu erhalten. Zum Beispiel würde das sogenannte Buy American-Gesetz aus dem Jahr 1933 Bewerber aus dem Ausland massiv diskriminieren.

Die Auseinandersetzung zeigt, daß die neue US-Regierung offenbar einen härteren Kurs gegenüber der EG fahren wird. Der Konflikt zwischen den USA und der EG ist nämlich nicht auf die Vergabe öffentlicher Aufträge begrenzt. Während Präsident Clinton in Sonntagsreden die Freiheit des Welthandels beschwört, verfolgt die US-Regierung tatsächlich einen zunehmend protektionistischen Kurs. Bereits Anfang des Jahres hat die Clinton-Regierung Strafzölle von bis zu 150 Prozent gegen Stahleinfuhren aus dem Ausland verhängt. Außerdem streiten sich USA und EG bei den Gatt-Verhandlungen über eine Liberalisierung des Welthandels über die Subventionen der EG für Agrarexporte und den Airbus. Der Abschluß der Gatt-Verhandlungen rückt so in immer weitere Ferne. lieb

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