: Die Hemmschwelle zum Töten herabsetzen-betr.: "Ein Gespräch zwischen bosnisch-serbischen Offizieren", taz vom 20.4.93
betr.: „Ein Gespräch zwischen bosnisch-serbischen Offizieren“, taz vom 20.4.93
[...] Menschenverachtende Kommandos mit einem Hauch desperater Durchhalteparolen als weiteres Steinchen in der Mauer um die bosnisch-serbischen Krieger: „Rück in die Tiefe vor“, „... und hör nicht auf, Bruder.“ – wahre Teufel auf dem Weg zur Hölle. Schlimmer wäre nur noch das Schlachten kleiner Kinder.
Sofern man der taz nicht Mithilfe bei der Feindbildproduktion unterstellen will, kann man die Veröffentlichung des Funkverkehrsausschnitts als Versuch werten, dem deutschen „Publikum“ die Grausamkeiten eines Krieges ein Stück näherzubringen. Jetzt weiß es wieder etwas besser, wogegen es seine Steuern entrichtet.
Und die Leidtragenden? „Ameisen“, „Arschlöcher“, „Menschenfleisch“ – und Chefchen freut sich. Nun ist mir als KDV natürlich der Jargon unserer deutschen Militärs nicht persönlich bekannt, doch welchem Chef rutscht nicht üblicherweise schon mal das eine oder andere Schimpfwort heraus, etwa gegen die Konkurrenz oder streikende Angestellte. So sehe ich sie also vor mir, unsere kultivierten Nato-Kampfverbände, wie sie durchs Gelände krabbeln, um dem „werten Herrn Feind seine Dünkel auszutreiben“.
Im Krieg gibt es keine richtige oder falsche Seite. Was man tun kann (und wird), ist, die Hemmschwelle zum Töten herabzusetzen. Gelingt das nicht mehr durch Bilder, so schafft es vielleicht die Kommunikation innerhalb der eigenen Truppe. Und wer wird das nötiger haben als Soldaten, die fast 50 Jahre vom Krieg verschont worden sind? Winfried Redeke, Karlsruhe
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