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Auch Gesundheitsminister Seehofer hat Amigos

■ Seehofer empfiehlt ein Wärmetherapiegerät. Hersteller: Ein guter alter Freund

Berlin (taz) – Nach den Ministern Möllemann und Schwaetzer ist nun auch Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer bei einem „Freundschaftsdienst“ erwischt worden. Er unterstützte seinen langjährigen Freund Xaver Dietz beim Anpreisen von dessen Wärmetherapielampen. Dietz Firma Durango medi-tech mit Sitz in Ingolstadt veranstaltete im Mai 1992 in den Firmenräumen des „Hinterhofbetriebes“ (Ein ortskundiger Redakteur des Donaukuriers) ein halbstündiges Happening zur Markteinführung des neuen Produkts. Dabei spielte die Tochter des Bundesgesundheitsministers die Glücksfee, sie zog den Gewinner einer Wärmelampe. Ein Moment, der fotografisch festgehalten und mitten in eine Anzeige der Zeitschrift Kultur-Info (9/92) plaziert wurde: Horst Seehofer, Tochter Ulrike, Sohn Andreas, daneben die Durango-Geschäftsführerin Petra Seemeier und Firmenchef Xaver Dietz.

Ebenfalls in der Anzeige finden sich die lobenden Worte des Bundesgesundheitsministers und Ingolstädter Abgeordneten: „Das Gerät ist preiswerter als die herkömmlichen Mikrowellengeräte. Da wir in der medizinischen Vorsorge sparen müssen, ist dies ein Vorteil. Und als Ingolstädter freut man sich, wenn innovative Hi- Tech-Geräte in der Region entwickelt und vertrieben werden.“ Kultur-Info (heute Kultur-News) erscheint monatlich und gehört der Tochtergesellschaft Durango-Grafitec. Kostenlos liegt sie aus bei Krankenkassen, Banken, Gaststätten etc. Auch im kostenlosen Anzeigenblatt Ingolstädter Zeitung erschien das Glücksfeenfoto mit Papi und Lampe, und selbst das Ingolstädter Regionalfernsehen würdigte den konjunkturfreundlichen Einsatz der Ministerfamilie mit einem kurzen Beitrag. Der Donaukurier indes lehnte ab: PR-Berichte schreibe man prinzipiell nicht.

Doch befremdlich fand diese Aktion dort niemand, schließlich sei die enge Freundschaft zwischen Dietz und Seehofer stadtbekannt.

Durango-Geschäftsführerin Petra Seehofer räumte ein, daß dies sicherlich ein Freundschaftsdienst gewesen sei, ließ aber offen, für wen: „Wissen Sie, positive Werbung konnte man mit Herrn Seehofer zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht machen. Die Geräte sollen vor allem von niedergelassenen Ärzten gekauft werden, und die sind seit der Gesundheitsreform mächtig ärgerlich auf ihn.“

Von Seehofer selbst war bislang keine Stellungnahme zu erhalten. Pressesprecherin Kluge wußte zunächst von nichts, telefonierte rasch mit Frau Seemeier und argwöhnte schließlich: „Da will doch wieder einer dem Minister was anhängen.“

Und tatsächlich, es sieht ganz danach aus. Michaela Schießl

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