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Gerechte gründen Bundesverband

■ Gysi: PDS wird nicht zugunsten einer Wahlpartei eigene Kandidatur aufgeben

Berlin (taz) – Die politische Erklärung wurde ohne Gegenstimme und ohne Enthaltung verabschiedet: „Wir, die wir in den Komitees für Gerechtigkeit mitarbeiten, kommen aus unterschiedlichen Lebensbereichen, verschiedenen politischen und weltanschaulichen Traditionen. Von den Folgen des deutschen Einigungsprozesses unterschiedlich betroffen, ist uns gemeinsam der Wunsch nach einer offenen, demokratischen Gesellschaft, in der soziale Gerechtigkeit und humanistischer Grundkonsens nicht nur Anspruch, sondern auch erfahrbare Wirklichkeit sind.“ Die, die das wollen, verfügen nun über eine neue Dachorganisation. Die 168 Delegierten aus den verschiedenen regionalen Komitees gründeten am Samstag in der Berliner Akademie der Künste einen Bundesverband.

Als im Sommer letzten Jahres Prominente aller Couleur – vom PDS-Bundestagsabgeordneten Gregor Gysi bis zum letzten DDR- Innenminister Peter-Michael Diestel – die Komitees aus der Taufe hoben, war das öffentliche Aufsehen groß. Seither ist es aber still geworden um die „authentische Vertretung“ der Interessen der Bundesbürger aus dem Osten. Nachgelassen hat offenbar auch das Interesse der Initiatoren. Außer Gysi waren nur die Schauspielerin Käthe Reichel, der frühere Rektor der Berliner Humboldt-Universität, Heinrich Fink, und der Regisseur am Berliner Deutschen Theaters, Frido Solters, gekommen.

Der Verdacht, keine allzu große Rolle mehr zu spielen, muß auch den Mitarbeitern des Komitees in Berlin-Köpenick gekommen sein. Sie leiteten ihr Positionspapier mit einem „Erinnern Sie sich noch?“ ein. Ihr Resümee: „Längst haben sich Hektik und Medienrummel gelegt, Politiker lehnen sich zufrieden zurück, die Komitees sind offenbar keine Gefahr mehr.“ Volker Steinke, der die Koordinierungsstelle in Berlin leitet, war optimistischer: „Die Komitees erheischen in der Öffentlichkeit immer mehr Respekt.“ Da, „wo wir zupacken, werden wir zunehmend ernst genommen“.

Die Delegierten machten sich die Gründung ihres Bundesverbandes nicht leicht: stundenlang debattierten sie über einzelne Formulierungen der zu beschließenden Satzung. Abgestimmt wurde auch, ob künftig bei Bundeskongressen Anträge schriftlich oder auch mündlich gestellt werden dürfen – ein älterer Mann sammelte derweil im Foyer Unterschriften gegen den Abriß des Palastes der Republik. Ein Hauch von Parteitag bestimmte die Atmosphäre: eine Tagungsleitung wurde gewählt, eine Redaktionskommission eingerichtet – nachdem Tagungs- und Geschäftsordnung beschlossen waren, wurde dann eine Mandatsprüfungs- und eine Antragskommission installiert.

Das Sagen hat im neuen Bundesverband ein Bundessprecherrat, der sich am 5. Juni konstituieren soll. Er wird sich aus Vertretern zusammensetzten, die von den einzelnen Komitees entsandt werden. Bis es soweit ist, nehmen im Auftrag eines provisorischen Vorstandes der Koordinator Volker Steinke und der Theologe Heinrich Fink die juristische Vertretung des Verbandes wahr. Nach gut acht Stunden konnte Steinke verkünden: „Damit wären wir am Ende dieser Strecke angekommen.“

Gregor Gysi nutzte den Kongreß, um der Idee, 1994 mit einer von der PDS unterstützten „Gerechtigkeitspartei“ bei den Bundestagwahlen anzutreten, eine klare Absage zu erteilen. Der Gedanke, zugunsten einer solchen Wahlpartei auf eine eigene Kandidatur zu verzichten, sei zwar „hochinteressant“. Eine dafür notwendige Parteigründung komme aber zu spät. Gysi favorisierte statt dessen, daß seine Partei mit einer offenen Liste kandidiert, die auch Mitgliedern der Komitees offensteht. Dies sei die „beste Variante“, um ein möglichst breites politisches Spektrum zu repräsentieren. Wolfgang Gast

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