Schwierige Bürstenproduktion in Dubrovnik

■ Der Krieg hat den Umsatz der Industrie in Südkroatien fast völlig zerstört

Hannover (taz) – „Früher haben wir jeden Monat Waren für 2,5 Millionen Mark umgesetzt – jetzt sind es nur noch 300.000 Mark. Ivan Vukić ist Direktor der Firma TUP in Dubrovnik, die Bürsten für Elektromotoren und Grafitprodukte herstellt; außerdem leitet er das Amt für Energie und Industrie in der südkroatischen Stadt. Nach wie vor arbeiten 400 Menschen in seinem Betrieb, aber die Löhne reichen kaum zum Überleben. Er selbst habe früher umgerechnet 1.500 Mark verdient, jetzt seien es nur noch 250 Mark. Für die ArbeiterInnen freilich sehe es noch weitaus schlechter aus, sagt der ruhige Mann, der auf der Hannovermesse nach neuen Kunden Ausschau hält.

Die allerdings tauchen an dem kroatischen Gemeinschaftsstand in Halle 14 nur sehr sporadisch auf und interessieren sich dann eher für die drei Firmen aus Zagreb – und für den Krieg auf dem Balkan. Etwa 20 Kilometer von Dubrovnik entfernt wird immer noch gekämpft. Eine außerhalb der Stadt liegende Produktionshalle ist bei einem serbischen Angriff total zerstört worden, auch das Dach der TUP-Zentrale brach teilweise ein. Den Gesamtschaden schätzt Vukić auf 40 Millionen Mark. „173 Tage haben wir überhaupt keinen Strom von außerhalb bekommen und mußten uns mit Notstromaggregaten behelfen.“ Die Energiekosten seien dadurch um das Vierfache in die Höhe geschnellt.

Nicht nur die gekappten Leitungen aus Montenegro, sondern auch zerstörte Masten auf dem Weg aus dem Norden Kroatiens hatten zu dem Notstand geführt. „Zur Zeit bauen gerade 200 unserer Leute eine neue Stromtrasse nach Südkroatien, die im Juni fertig sein soll“, berichtet sein Messekollege Zdenko Milas von der Firma Dalekovod aus der Zagreb, für die die letzten Jahre wirtschaftlich durchaus positiv gewesen sind. Mehrere Kunden aus Deutschland, Schweden und der Schweiz konnten gewonnen werden, und die kroatische Regierung helfe nicht nur beim Im- und Export, sondern verlange auch geringere Abgaben als in früheren Jahren die Zentralverwaltung in Belgrad.

Die Absatzmärkte der Firma aus Dubrovnik aber sind weitgehend zusammengebrochen: früher wurden zwei Drittel der TUP-Waren innerhalb Jugoslawiens vermarktet, heute liefert sie nur noch nach Kroatien und Slowenien, so Vukić. Und den meisten KundInnen aus Westeuropa seien die Lieferungen aus Südkroatien zu unsicher. Immerhin aber hätten sich alte Kontakte zu einer deutschen und einer österreichischen Firma wiederbelebt. Vukić hofft, bei einem zweiten Gespräch Verträge mit ihnen unter Dach und Fach zu bekommen. Der Investitionsvertrag mit einer britischen Firma, 1990 abgeschlossen, sei kurz nach Kriegsausbruch für unbekannte Zeit gestoppt worden.

Vor dem Krieg hätten die Industriebetriebe in der Adriaperle als „schmutziger Bereich“ gegolten, berichtet Vukić. Mit vergleichsweise hohen Umweltschutzauflagen habe die Stadt versucht, die TouristInnen von den negativen Folgen der Produktion zu verschonen. Immerhin 85 bis 90 Prozent der DubrovnikerInnen verdienten früher ihren Lebensunterhalt mit Dienstleistungen für die meist ausländischen UrlauberInnen. „Heute sind die Hotels voll mit Flüchtlingen, und die Industrie ist der einzige Sektor geblieben, wo Außenwirtschaft noch in gewissem Rahmen funktioniert.“ Nur dank der humanitären Hilfe aus dem Ausland und von ExilkroatInnen könnten die Menschen in Dubrovnik überhaupt überleben. Annette Jensen