: „La Belle“-Prozeß in Berlin nach drei Tagen geplatzt
■ Hauptbelastungszeuge fürchtet um sein Leben
Berlin (taz) – Nach nur drei Verhandlungstagen ist der Prozeß um den Sprengstoffanschlag auf die Westberliner Diskothek „La Belle“ vom 5. April 1986 geplatzt. Die 29. Große Strafkammer beim Berliner Landgericht setzte gestern die Hauptverhandlung aus, weil der in Norwegen lebende mutmaßliche Hauptbelastungszeuge, der Palästinenser Mohammed Amairi, sich weigert, nach Deutschland zurückzukehren. Amairi, der den Angeklagten Imad Mahmoud gut kennen soll, fürchtet um sein Leben, wenn er vor dem Gericht in Berlin aussagen muß. Bis zur Eröffnung eines neuen Verfahrens, das voraussichtlich nicht vor dem Herbst erfolgen kann, will das Gericht den Zeugen nun in Norwegen vernehmen. Gleichzeitig ordnete die Kammer an, den 37jährigen Angeklagten Mahmoud unter strengen Meldeauflagen aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
Mahmoud wird beschuldigt, sich an den Vorbereitungen zum Anschlag auf die vorwiegend von US-Soldaten besuchte Westberliner Diskothek „La Belle“ beteiligt zu haben. Bei dem Attentat wurden drei Personen getötet und über 200 verletzt. Drahtzieher der Aktion sollen Mitarbeiter des libyschen Volksbüros in Ostberlin gewesen sein.
Zu Beginn der gestrigen Sitzung berichtete der Vorsitzende Richter Wolfgang Hüller über ein Telefonat mit Amairi, der Einblick in die Terrorpläne des Volksbüros gehabt haben soll. Amairi habe seine Rückkehr aus Norwegen selbst für den Fall abgelehnt, daß ihm Zeugenschutz gewährt wird. Er fürchte auch um das Leben seiner Frau und seiner Kinder, die in Algerien lebten. Amairi soll in einer früheren Aussage die Vorwürfe gegen Mahmoud bestätigt haben. Die Verteidigung rechnet allerdings damit, daß sich auch nach einer Befragung in Norwegen der Vorwurf der Verabredung zum Mord gegen Mahmoud nicht halten lasse. Der Verteidiger Walter Venedy erklärte weiter, das Attentat sei nicht nur unter den Augen der Stasi, sondern auch unter denen des Verfassungsschutzes und des US-Geheimdienstes abgelaufen. Kommentar Seite 10
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