: Eritrea: 99,8 Prozent für die Unabhängigkeit
■ EPLF-Führer Afeworki: „Von heute an ist Eritrea ein souveränes Land“ / Freudenfeste in Städten und Dörfern / Äthiopiens Regierung gratuliert
Asmara (taz) – Der Ausgang des Referendums über die Unabhängigkeit Eritreas dürfte die Erwartungen selbst hochgestimmter Optimisten in der ehemaligen Guerilla und heutigen Regierung übertroffen haben: 99,8 Prozent aller abgegebenen Stimmen wurden dem gestern veröffentlichten vorläufigen Endergebnis zufolge für ein unabhängiges Eritrea abgegeben – ganze 1.822 der knapp 1,2 Millionen registrieren Wähler hatten einen roten Stimmzettel in die Urne geworfen und sich damit für einen Verbleib im Staat Äthiopien ausgesprochen.
Der Leiter der Wahlkommission, Amare Tekle, wollte offenbar Skeptikern, den dieses Ergebnis doch allzu eindeutig sein könnte, ihre Zweifel nehmen und verwies darauf, daß es solche Ergebnisse auch schon bei der Entscheidung über die Unabhängigkeit anderer Länder gegeben habe – 1905 in Norwegen, 1948 in Island. Tekle betonte, das Abstimmungsverhalten der rund 300.000 im Ausland lebenden eritreischen Wähler – darunter auch die in Äthiopien – habe sich von dem im Lande selbst nicht unterschieden.
Erster Gratulant war danach Äthiopiens Informationsminister Negaso Giedada. Der Minister der EPRDF-Übergangsregierung in Addis Abeba, die ebenso wie die „Eritreische Volksbefreiungsfront“ (EPLF) das Mengistu-Militärregime in Äthiopien bekämpft hatte, erklärte, die Abstimmung sei auf „freie, faire und unparteiische Weise“ verlaufen. Er gratulierte der Bevölkerung Eritreas zu ihrem Kampf und zu dem Referendum. Wenige Stunden vor Bekanntgabe des Votums hatte auch UNO-Sonderbeauftragter Smir Samir den Verlauf der Volksabstimmung als „frei und fair in jeder Phase“ bezeichnet.
Gestern nachmittag gratulierte auch EPLF-Generalsekretär Iseyas Afeworki der Bevölkerung zu ihrer „historischen Errungenschaft“. Das Ergebnis sei „nicht überraschend oder unerwartet“, sondern „von Anfang an eine feststehende Tatsache“. Offiziell solle die Unabhängigkeit Eritreas am 24. Mai verkündet werden. Aber: „Von heute an ist Eritrea ein souveränes Land.“ Afeworki hielt seine Rede in Tigrinya, einer der Amtssprachen Eritreas; sie wurde anschließend in die zweite Amtssprache Arabisch übersetzt.
Die bevorstehende Unabhängigkeit wird von der Bevölkerung bereits seit Tagen mit Freudenfesten gefeiert. Vor den Wahllokalen in kleinen Dörfern, wie auch in der Hauptstadt Asmara tanzten schon am Freitag, dem ersten Tag der Abstimmung, Männer und Frauen zu traditioneller Musik, schwenkten grüne Zweige und warfen mit Popcorn. Bettina Gaus
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