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Mit Freude nehmen wir zur Kenntnis, daß der Intendant der Leipziger Oper, der Komponist Udo Zimmermann, mit uns auf einer Welle funkt: Für ihn kommt nämlich ganz wie für uns „erst die Kunst und dann das Geld“. Erfreulich, daß sich solcher Geist auch von einem Jahresetat von 62 Millionen Mark nicht beeindrucken läßt; das Sümmchen scheint dem Intendanten nämlich „verdammt wenig Geld“. Da können wir nicht mitreden, das nehmen wir einfach mal hin, das lassen wir mal lieber so im Raume stehen.
Viel besser kommen wir schon mit den 60.000 Mark zurecht, die Peter Rühmkorf als kleines Zubrot zur Ehre des Georg-Büchner-Preises einstecken wird können. Der Poeta laureatus wird den nämlichen, wie die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung bekanntgab, in diesem Jahr nun endlich erhalten.
Aber selten sind die Verhältnisse für notorisch postadoleszente, in Gelddingen berufsnaive Menschen wie uns so überschaubar. Der Künstlerhof in Berlin- Buch braucht schätzungsweise 10 bis 12 Millionen Mark für Sanierung, Um- und Ausbau, wie Experten behaupten. Schon einmal annähernd 10 Millionen sind in den 80er Jahren in das 24.000 Quadratmeter umfassende Anwesen gesteckt worden. In DDR-Zeiten hatte hier das „Büro für architekturbezogene Kunst“ seinen Sitz. Die Erwartungen nach dem Mauerfall waren um so höher. Der Dämpfer folgte rasch: Laut Einigungsvertrag zählte der Künstlerhof zu den „abzuwickelnden“ Ostberliner Kultureinrichtungen. „Seitdem tut sich so gut wie nichts. Wenn man den
Zustand der Gebäude sieht, kann das jeden Tag nur
noch mehr kosten“, ärgert sich Verwaltungsleiterin
Gabriele Jecht. Mit rund 700.000 Mark kommt die
Stadt derzeit als Eigentümerin für die jährlichen
Verwaltungskosten auf. Kann das Projekt durch Privatisierung gerettet werden? Für das Gelände interessierte sich die amerikanische Zigarettenfirma Philip Morris, die mit der Idee einer „Künstler-Akademie“ hervortrat. Am Ende wird's dann aber doch nur wieder so ein erlebnisgesellschaftsmäßiger Spektakelbiergarten, in dem die Kunst nur als Dekoration verlangt ist.
Antiquare aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden, haben derzeit die Spendierhosen an. Anläßlich der Ludwigsburger Messe „Antiquaria“ haben sie eine Hilfsaktion gestartet, um wertvolle alte Bücher der Stadtbibliothek Erfurt vor dem Verfall zu bewahren. Rund 50.000 Erfurter Bände müssen dringend restauriert werden. Gut geht derzeit im Antiquariat übrigens vor allem, was schön kurios ist. Jakob Marxens Werk „Ueber die Beerdigung der Todten“ von 1788 etwa, das verhindern wollte, daß Scheintote unabsichtlich begraben werden. Da einem die Scheintoten heute doch alle paar Meter über den Weg laufen, könnte man glatt den Glauben an die Macht der Aufklärung wiedergewinnen.
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