: Bremer Betreiber als Weltraumausstatter
■ Spacelab und Experimentiergeräte der D2-Mission kommen aus Bremen / Beck's schießt Hefe ins All
Ohne bremische Produkte müßten die Astronauten der D2-Mission Däumchen drehen: Sie hätten kein Spacelab, keine Laboreinrichtungen, keine Experimentiergeräte. Viele dieser Einrichtungen wurden in Bremen produziert oder verarbeitet. Die deutschen Raumflieger Ulrich Walter und Hans Wilhem Schlegel haben sogar eine Fracht der Brauerei Beck's an Bord der Raumfähre „Columbia“ — keinen Kasten Bier, sondern nur ein paar Hefekulturen.
Das Raumlabor Spacelab, der Arbeitsraum der Astronauten, ist ein Produkt der Bremer ERNO GmbH, einer hunderprozentigen Tochter der Deutschen Aerospace (Dasa) in München. 1974 begann die Entwicklung, seit dem Jungfernflug im November 1983 startete Spacelab sechs Mal ins All im Lade- raum der amerikanischen Raumfähre „Space Shuttle“. Inzwischen hat die zylindrische Laboreinheit 46 Millionen „Missionskilometer“ in der Erdumlaufbahn auf dem Buckel. Das Spacelab, in der Hansestadt „integriert, ausgerüstet und auf den Einsatz vorbereitet“, wie die Dasa verkündet, ist für die Raumfahrtgesellschaften NASA, die europäische Esa und die japanische NASDA geflogen. Erst einige Monate nach Ende des neuntägigen Fluges am 5.Mai wird das 800-Mio.-Projekt abgeschlossen sein.
Für einen Teil des Innenlebens beim Spacelab sorgte die Firma „Orbital-und Hydrotechnologie Bremen“ (OHB). Für sechs der 92 Experimente bauten die Bremer die benötigte Technik. Untersucht werden soll in diesen Versuchen die Entwicklung von pflanzlichen oder tierischen Zellen unter Bedingungen der Schwerelosigkeit: Geht den Kaulquappen von Fröschen und Barschen die Fliegerei im Weltall auf die Nerven? Experimente sollen zeigen, wie ihre Nervenstränge wachsen.
Auch ganz gewöhnliche Gartenkresse fliegt mit im Orbit. An dem Gemüse, das für seine Sensibilität der Schwerkraft gegenüber bekannt ist, sollen Gravitätsforschungen durchgeführt werden, um Erkenntnisse für die Medizin (Regeneration von Knochen) zu erhalten. OHB lieferte neben einem Hologramm zur Analyse von Flüssigkeiten auch eine Zentrifuge zur Behandlung von Blut und Urin der Astronauten — auch das ein Experiment über die Auswirkungen der Schwerelosigkeit. „Insgesamt hatte unser Auftrag ein Volumen von 15 Millionen Mark“, sagt Alfred Tegtmeier von OHB.
Auch das Bremer Beck's Bier kann sich nach Ende der D2-Mission mit dem Aufkleber „Weltraumgetestet — NASA- geprüft“ schmücken. Die Bremer Brauer haben eine Kultur ihrer Brauhefe in die Umlaufbahn geschossen. In 72 Stunden sollen 70 Millionen Zellen Malzzucker in Hefe umgewandelt werden. Die Forscher hoffen auf Mutationen im Erbgut der Hefe durch kosmische Strahlung und Schwerelosigkeit: Geschmack, Geruch oder Kälteempfindlichkeit soll so verbessert werden, hofft die Brauerei, die den Ausflug in den Weltraum als „sanfte Technologie“ und Alternative zur gentechnischen Manipulation der Hefe bezeichnet.
Eine weitere, eigentlich fest gebuchte Bremer Fracht ließ die NASA am Boden: Einen von OHB gebauten Mini-Satelliten des „Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation“ (ZARM), „hat die NASA runtergeschmissen“: Der Aussetzmechanismus am Space-Shuttle war nicht in Ordnung. Für den Einweg-Satelliten war das die vorläufige Rettung: er sollte nämlich nicht wieder eingepackt werden, sondern nach 40 Tagen in der Atmosphäre verglühen.
Bernhard Pötter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen