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SPD dealte Stadtwerke-Spende

■ Zu jedem Zeitpunkt war die SPD über die Stadtwerke-Spende informiert — und schwieg

Mit einer halben Stunde Verspätung begann gestern der Stadtwerke-Untersuchungsausschuß seine Arbeit. „Einhellig empört“ hatte der Ausschuß den Bericht der taz (29.4.) zur Kenntnis genommen, daß es doch ein Schreiben der Bonner SPD an die Stadtwerke im Zusammenhang der SPD-Spende gegeben hat. Einstimmig beantragte der Ausschuß, beim Amtsgericht eine Beschlagnahme aller Stadtwerke-Akten im Kontext der SPD-Spenden zu beantragen und lud Stadtwerke- Chef Czichon für den Nachmittag desselben Tages.

In gereizter Stimmung begann dann die Vernehmung Wedemeiers zu der 90.000-Mark-Spende an die Bonner SPD. Wedemeier versicherte noch einmal, er habe aus dem Vorstandsprotokoll von dieser Spende erfahren und sich dann — „im Februar oder März“ nach der Summe erkundigt. Ungläubig fragte der FDP-Abgeordnete Braun, wie denn das zusammenpasse mit der Tatsache, daß Wedemeier und Czichon engen informellen Kontakt über alle Stadtwerke-Fragen hielten und Wedemeier auch bei kleineren Spenden vorher informiert war — zum Beispiel hatte Czichon bei einer Spende für das Focke-Museum beim Bürgermeister „Rückendeckung“ gesucht. Auch nach dem Grund der Spende will Wedemeier nicht gefragt haben. Erst nach dem Oktober 1992 habe er erfahren, daß zurücküberwiesen worden war.

Als dann Stadtwerke-Chef Czichon in den Zeugenstand trat, überraschte er den Ausschuß mit neuen Unterlagen, die in den vergangenen fünf Monaten im zentralen Vorstandssekretariat angeblich nicht aufgefunden worden waren: Nachdem in der taz der Bonner SPD-Brief erwähnt war, habe er sich auch bei den Stadtwerken gefunden, in der gesonderten Vorstands-Buchhaltung, erklärte Czichon. Vor wenigen Tagen hatte sich der Scheck dieser Überweisung in den Vorstandsakten gefunden. Je weniger Czichon einräumen wollte, daß das sehr merkwürdig aussieht, desto wütender wurden die Fragen der Ausschußmitglieder.

Czichon brachte auch einen anderen Aktenvorgang mit: Im Januar 1992 hatte er den Bremer SPD-Geschäftsführer angerufen und darum gebeten, daß der eine auf 1991 rückdatierte Spendenquittung aus Bonn besorgt. Was „unter Bezug auf das Gespräch mit Markhoff“ geschah.

Empört fragten verschiedene Ausschußmitglieder nach, wie es komme, daß ausgerechnet die Unterlagen, die Querverbindungen zur Bremer SPD beweisen, ursprünglich dem Ausschuß nicht übergeben wurden und nun nach und nach ans Licht gezerrt werden müssen.

Während Czichon ursprünglich erklärt hatte, er habe über die Frau des Bremer Staatsrates, Anke Fucks, die Rücküberweisung der zweiten 30.000 Mark-Spende erbeten, meinte er nun nach der entsprechenden Veröffentlichung, er habe den Bremer SPD-Schatzmeister darum gebeten und Fuchs nur „später“ auch gebeten, da zu helfen. Nach Czichons Erinnerung muß das Ende August gewesen sein, da die Tatsache der SPD- Spende am 17.Juni 1992 öffentlich wurde, er dann bis Mitte August in Kur gefahren sei und dort überlegt habe, um die Rückführung zu bitten. Dies habe er seinem Vorstands-Kollegen Willipinski nicht mitgeteilt, versicherte Czichon, und mit Bremer SPD-Politikern habe er aus der Kur nicht telefoniert. Es muß also wirklich nach der Kur gewesen sein.

Vier Wochen, bevor Czichon sich dies überlegt haben will, war es in Bremer Genossen-Kreisen allerdings bekannt: Am 25.6.1992 berichtete Peter Sakuth seinem Unterbezirksvorstand laut Protokoll, es sei der Tag der Stadtwerke- Debatte im Parlament und: „Es wird davon ausgegangen, daß die SPD die Summe von ca. 30.000 Mark zurückzahlen wird.“ Diese Mitteilung steht im Kontext eines längeren Berichts über die Finanzprobleme der Bremer SPD (TOP 4). Auch Jürgen Janke, der Schatzmeister des Unterbezirks Ost der Bremer SPD, erinnert sich, daß er recht früh von der Rückzahlung der 30.000 Mark wußte — offenbar ist das ein Thema in Kassierer- Kreisen der Bremer SPD gewesen, lange bevor Czichon einsam im Urlaub sich seine Entscheidung überlegte.

Und während während der Aufsichtsratsvorsitzende und Bürgermeister Wedemeier erst aus dem Stadtwerke-Protokoll der Vorstandsitzung vom 19.12.1991 — getippt am 13.1.1992 — von der SPD-Spende erfahren haben will, wußte man im Parteibüro der Bremer SPD schon im Dezember davon, also vor dem Stadtwerke-Beschluß. Der damalige SPD-Schatzmeister Egon Kähler habe darüber berichtet, erinnert sich ein SPD-Mann Name der Red. bekannt). K.W.

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