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Schumanns Schonfrist ist abgelaufen

■ Neuer TU-Präsident muß sich mit reformorientiertem Senat arrangieren / Wortkarger Moderator liebt keine Diskussionen

Berlin. Die Schonfrist war schnell vorbei. Von seinem Amtsantritt am 1. April an ließ sich der neue TU-Präsident Dieter Schumann vier Wochen lang abschirmen. „Er liest sich ein“, lautete die stereotype Formel der Pressestelle auf Anfragen. Nun zeigte der Akademische Senat der TU, dem der 58jährige Chemieprofessor vorsitzt, daß die Zeit der Freundlichkeiten vorüber ist.

Er bringe die Studienbüros lediglich per „Dienst nach Vorschrift“ voran, kritisierte ein studentischer Senator. Die Studienbüros sind eine TU-Innovation, mit der die Studienreformen in den Fachbereichen angestoßen werden sollen. Schumann hatte in einem Brief Zweifel geäußert, ob die dafür einzustellenden Studiensekretäre aus seiner zentralen Uni-Schatulle finanzierbar seien. In der Sitzung am Mittwoch stellte Schumann indirekt sogar den Starttermin für die Studienbüros, den 1. Oktober, in Frage. Das war zuviel des Zögerns für die Linken im Senat der Uni.

Dieter Schumann ist kein Freund von Diskussionen. „Können wir uns darauf verständigen, die Diskussion hier abzubrechen“, heißt einer seiner Standardsätze. Je nach Länge der Debatte spricht er ihn mahnend oder höflich. Denn er versteht sich als Moderator der Sitzungen im Senat, weniger als Präsident. Anders als sein Vorgänger Manfred Fricke neigt er nicht zur gestischen Rede, die weit ausholt. Der grauhaarige, fast gelockte Schumann argumentiert knapp, fast karg. Sein Auftreten ist korrekt, aber keineswegs kleinkariert, wie manche spotten.

Im Akademischen Senat steht er als Kandidat der konservativ-liberalen Fraktion einer Mehrheit eher Linksorientierter und Reformer gegenüber. Die kontrollieren den Präsidenten. Das kann der Demokratie an der TU nicht schaden. Beispiel Sturkturreform: „Gibt es wesentliche Veränderungen in Ihrer Stellungnahme an den Wissenschaftssenator?“ hakte am Mittwoch Prof. Murasch mehrfach nach. Bis zum 14. Mai soll die Universität erklären, ob sie ihre – bereits beschlossene Strukturreform – den Wünschen der Wissenschaftsverwaltung anpassen wird. „So pünktlich wie möglich“ will der Präsident dem Wissenschaftssenator antworten. „Es kommt darauf an, was in der Stellungnahme drinsteht, und nicht, wann es ankommt“, konterte Murasch.

Der 58jährige Schumann ist Professor der Chemie. Seine Forschungsschwerpunkte werden angegeben mit der „Synthese von Naturstoffen“ und der Anwendung der Massenspektroskopie zur Strukturaufklärung. Schumann promovierte mit 26 Jahren, 1970 habilitierte er sich an der TU Berlin. Er zählt damit zu jener Professorengeneration, die um die Jahrtausendwende die TU in Legion verlassen wird; 60 Prozent der Profs werden dann emiritieren. Als Professoren in den 70ern eingestellt, bezeichnen sie sich als alles mögliche – nur nicht als 68er. Sie haben „diese Zeit miterlebt“, wie sie sagen. Die Sympathien für Dutschke, für die kritische oder die Gruppenuniversität, sind ihnen mittlerweile abhanden gekommen. Als verbeamtete Intelligenz sorgen sie sich nun um die Freiheit und die Qualität der Forschung und darum, daß die Hochschule unpolitisch zu sein habe. Sie wähnen sich neutral. Aber es gilt der Satz Frischs: Sie haben „die politische Parteinahme, die sie sich sparen möchten, bereits vollzogen: Sie dienen der herrschenden Partei“. Die ist der Wissenschaftssenator mit seiner Politik flächendeckender Zulassungsbeschränkungen. Christian Füller

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