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■ Zum Streit um das Asylabkommen mit PolenWer macht in Bonn die Außenpolitik?

Innenminister Seiters scheint sich wieder einmal durchgesetzt zu haben. In dem seit Monaten währenden Tauziehen um das Abwälzen der Folgelasten des bundesdeutschen Abschottungswillens ist ihm ein wichtiger Etappensieg gelungen. Während die Zeitungen immer wieder über die Höhe der deutschen Finanzhilfen an Polen berichten, ist zu den fatalen Folgen der zweiseitigen Verträge weniger zu lesen. Dabei war von polnischer Seite die Überforderung deutlich signalisiert worden. Es gäbe zwar keine gravierenden Menschenrechtsverletzungen in Polen, aber wegen der unzulänglichen rechtlichen, institutionellen und technischen Bedingungen könne man keinesfalls von einem sicheren Drittland ausgehen.

Die Einführung der Visapflicht für die östlichen Nachbarn ist in Polen sehr umstritten. Außenminister Skubiszewski äußerte sich unmißverständlich: „Wir haben die Reisefreiheit für Polen erkämpft und sollten sie nicht für andere abschaffen.“ Ähnlich hochgemute Worte kann man in den Festtagsreden deutscher Politiker finden, aber am polnisch-deutschen Verhandlungstisch in Sachen Asylfragen saßen die Vertreter der Innenministerien. Die Chancen für sinnvolle multilaterale Regelungen rücken mit jedem separaten Vertragsabschluß ein Stück weiter weg.

Praktikable Lösungen für die Asyl- und Flüchtlingsproblematik in einem offenen und demokratischen Europa gehören zu den größten Herausforderungen einer künftigen gemeinsamen Politik. Sie dem Ressorteifer und der Beamtenmentalität von CDU- Innenministerialen zu überlassen wird sich noch bitter rächen. Wer dieses Spiel mit Zuckerbrot und Peitsche gegenüber den schwächeren Nachbarn einmal beginnt, sollte nicht mehr von der demokratischen Herausforderung in den osteuropäischen Revolutionen sprechen.

Es bleibt zu hoffen, daß die Brüchigkeit und Kurzatmigkeit derartiger Scheinlösungen von der Realität sehr schnell wieder eingeholt werden. Reale Interessenkonflikte und Entwicklungsunterschiede in einer großen Region sind nicht mit millionengestützten Problemtransfers zu beheben. Der Geist von Visegrad (1), von dem mindestens die Zusammenarbeit der entwickelteren mittelosteuropäischen Länder einen Impuls erhielt, sollte nicht endgültig dem egoistischen Gezerre um die besten Plätze am Tisch der Großen weichen. Wolfgang Templin

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