: Streiks ausgeweitet
■ 35.000 im Ausstand / Gesamtmetall will vorerst nicht aussperren
Berlin (dpa/AP) – Mit Beginn der Frühschicht sind die Arbeitskämpfe in der ostdeutschen Metall- und Stahlindustrie am Donnerstag ausgedehnt worden. Mehr als 35.000 Beschäftigte in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg waren nach Angaben der IG Metall gestern im Streik. In Brandenburg legte am Morgen auch die Belegschaft der Eko Stahl AG in Eisenhüttenstadt die Arbeit nieder. Die Streikbeteiligung in den 24 Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in Mecklenburg-Vorpommern lag nach Gewerkschaftsangaben bei 97 Prozent. Etwa 12.500 Metaller seien dort im Ausstand.
Von den gestern Nachmittag in Rostock begonnenen Sondierungsgesprächen zwischen den Tarifparteien erwartete der stellvertretende Vorsitzende der IG Metall, Klaus Zwickel, kaum Fortschritte. Er sagte, die Gewerkschaft werde trotz der verhärteten Fronten keine Verhandlungschance auslassen.
In Sachsen waren bereits in der Nacht zum Mittwoch Sondierungsgespräche gescheitert. Ursachen für den Abbruch waren verhärtete Fronten auf beiden Seiten: Die IG Metall beharrte auf einem Stufentarifvertrag, die Arbeitgeber auf einer sogenannten Öffnungsklausel, die wirtschaftlich schwachen Betrieben Bezahlung unter Tarif erlauben soll. Dagegen war das Problem der Kündigung des Stufentarifvertrages von 1991 für die Metall- und Stahlindustrie, der 26 Prozent mehr Einkommen zum 1. April vorsah, vom Tisch.
Die Verhandlungen im sächsischen Metall-Tarifkonflikt werden voraussichtlich in der kommenden Woche fortgesetzt. Ein Sprecher des Verbandes der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie (VSME) sagte, von Seiten der Arbeitgeber gebe es keine Hindernisse für Tarifverhandlungen.
Der VSME habe immer betont, er sei zu Verhandlungen „ohne jede Bedingung“ bereit. Im ostdeutschen Tarifkonflikt wollen die Arbeitgeber vorerst nicht aussperren. Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Dieter Kirchner, sagte am Mittwoch im „Heute-Journal“, die Frage von Aussperrungen stelle sich nicht heute oder morgen: „Noch ist es nicht soweit.“ Erst wenn die IG Metall ihre Streiks ausdehne, müßten die Arbeitgeber etwas unternehmen, um den Arbeitskampf abzukürzen.
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