: Erste Streikwoche endet ohne eine Einigung
■ Rund 37.000 Metaller im Ausstand
Hamburg (dpa/AP/taz) – Nach der ersten Streikwoche in der ostdeutschen Metall- und Stahlbranche zeichnet sich keine Einigung ab. Die Zahl der Streikenden lag gestern wie schon am Vortag bei rund 37.000 – rund ein Zehntel der Ost-Stahl- und Metall-Arbeiter. In der nächsten Woche kann es zum flächendeckenden Ausstand kommen: Die IG Metall hält Urabstimmungen in den drei noch nicht betroffenen Ost-Tarifbezirken ab: Rund 95.000 Gewerkschafter können ihr Votum abgeben, am kommenden Mittwoch soll die Entscheidung bekanntgegeben werden. Auch im Westen will die IG Metall in der kommenden Woche Warnstreiks und Aktionen organisieren.
Der saarländische Regierungschef Lafontaine forderte unterdessen Bundeskanzler Kohl auf, in dem Konflikt zu vermitteln. „Mit seinen wirtschaftspolitischen Fehlentscheidungen des Jahres 1990 hat er die schwierige Lage der ostdeutschen Industrie mitverursacht“, erklärte er. Kohl sei verpflichtet, „alles zu tun, um die für die ostdeutsche Wirtschaft gefährliche Auseinandersetzung so schnell wie möglich zu beenden“. Vor allem müsse der Kanzler dafür sorgen, daß die Treuhand als Bundesbesitz ihren Beitrag zur Lösung des Konflikts leiste.
Nach Einschätzung von Gewerkschaftern verschlechtert sich die Stimmung zunehmend: Nachdem die Rostocker Sondierungsgespräche am Donnerstag abend gescheitert seien, müsse man „aufpassen, daß es nicht zur Eskalation kommt“, sagte Lothar Angrabeit, Betriebsrat bei den Schweriner Kabelwerken. Sachsen Metall- und Elektroindustrie-Verband äußerte sich „sehr besorgt“ über den Streik. Für die „geschundenen Firmen“ in Ostdeutschland sei so etwas schwieriger zu verkraften als für „gesunde Betriebe in einem Industriestaat“, sagte Verbandschef Georg Kochan. Jeder Streiktag gefährde die „dünne Auftragsdecke“ der betroffenen Betriebe, sagte auch Nordmetall-Geschäftsführer Thomas Klischan.
Der IG-Metall-Bezirksleiter von Berlin-Brandenburg, Horst Wagner, sagte in Postdam, er rechne nicht mit einem schnellen Ende des Streiks. Es gebe zur Zeit kein Signal von den Arbeitgebern, daß sie an den Verhandlungstisch zurückkehren wollten.
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