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Absturz ist nicht vorgesehen

■ Flughafen Tempelhof: Notbremsung mit brennendem Fahrwerk / Katastrophenpläne gibt es nicht / BI: schließen

Tempelhof. Sind die Anwohner des Flughafens Tempelhof nur knapp einer Katastrophe entgangen? Der Pilot einer „Fokker 50“ bremste sein Flugzeug am vergangenen Freitag gegen 20.15 Uhr jedenfalls „in letzter Sekunde“. Nach Darstellung der Fluggesellschaft, der Lufthansa-Tochter „City-Line“, habe beim Start eine Kontrollampe aufgeleuchtet. Über einen Brand im Fahrwerk gab es widersprüchliche Angaben. Die Fluglinie berichtete, daß erst durch die Notbremsung ein Schwelbrand entstand, Agenturen berichteten dagegen, daß der Pilot den Start auf Grund des Feuers abgebrochen habe, das die Flughafenfeuerwehr löschen mußte. Zuvor verließen die 19 Passagiere das Flugzeug auf dem Rollfeld – „ohne jede Panik durch den vorderen und hinteren Ausgang“, wie die Lufthansa betonte. Die Notrutschen, von denen der Tagespiegel schrieb, existieren nach Lufthansa-Darstellung bei diesem Flugzeugtyp nicht.

Hätte der Pilot den Start nicht abgebrochen, hätte der Flug böse enden können. Anläßlich eines Flugzeugabsturzes nahe dem Stockholmer Flughafen hatte die Bundesanstalt für Flugsicherung der taz im vergangenen Jahr erklärt, daß „Berlin keine guten Voraussetzungen für Notlandungen bietet“. Maschinen müßten auf Straßen notgelandet werden, um den Schaden gering zu halten. Besonders gefährdet sind die Bewohner in den Verlängerungen der Start- und Landebahnen. Ankommende Maschinen peilen das Rollfeld zum Teil zehn Kilometer vor dem Landepunkt an, startende Flugzeuge fliegen bis zu zwei Kilometer geradeaus, bevor sie „die Kurve kratzen“.

Bei einem Fall in Hamburg konnte vor mehr als zehn Jahren ein Kapitän seine BAC 111 (etwa 130 Plätze) auf einem leeren Bauabschnitt einer Autobahn landen – kurz nach dem Start waren die Düsen ausgefallen. Doch dann kam die Katastrophe: Die Tragflächen rissen an einer Brücke ab, das getankte Kerosin setzte die Maschine sofort in Brand.

Bei der Recherche im vergangenen Jahr stellte sich heraus, daß die Feuerwehr für solche Fälle keine Katastrophenpläne hat. Geübt wird lediglich der Einsatz bei Abstürzen auf dem Flughafengelände selbst. Wegen drohender Notlandungen oder Abstürze wird die Feuerwehr drei- bis fünfmal im Jahr alarmiert. Zu größeren Katastrophen kam es aber bisher nicht. Die „Cityline“ erklärte, daß das Aufleuchten der Kontrollampe nichts Ungewöhnliches sei. Der Vorfall dürfe nicht dramatisiert werden und zeige, daß alle Sicherheitsvorkehrungen in der Maschine und am Flugplatz bestens funktionierten. Untersuchungen hätten eine Fehlwarnung ergeben; aus Sicherheitsgründen werde in einem solchen Fall jedoch gründsätzlich der Start abgebrochen.

Die Bürgerinitiative Flughafen Tempelhof forderte dagegen, die innerstädtischen Flughäfen Tegel und Tempelhof auf Grund der Gefahr für die Wohnbevölkerung schnellstmöglich zu schließen. Dirk Wildt

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