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„An die Freundinnen“

■ Natalja Sharandak hat sechs russische Lesben portraitiert

„Meine Gitarre ist eine Art Waffe für mich“, sagt die St. Petersburger Liedermacherin Olga Krause. Ihre lesbischen Liebesgedichte zu vertonen und Konzerte zu geben, war vor der Perestroika die einzige Möglichkeit, ein Publikum zu finden. Zeitungen lehnten die Veröffentlichung ab. Für den Leser bleibe unverständlich, ob der Autor ein Mann oder eine Frau sei, lautete die fadenscheinige Begründung.

Olga Krause ist eine der sechs Lesben, die die ebenfalls aus St.Petersburg stammende Regisseurin Natalja Sharandak in einem knapp einstündigen Video portraitiert hat. „An die Freundinnen“ heißt der Film, denn „es sind vor allem Freundinnen von mir, die zu einer Generation von Lesben gehören, deren Coming-out in die Zeit vor der Perestroika fällt“, sagt Natalja Sharandak. Damals war es weder möglich, offiziell eine Gruppe zu gründen, noch existierten Treffpunkte für Lesben, wie es sie heute in St. Petersburg gibt.

Der Titel des Films spielt auch auf den gleichnamigen Gedichtzyklus der russischen Lyrikerin Marina Zwetejewa an, den sie ihrer Geliebten, der Dichterin Sophia Parnok, widmete; die Titelmelodie ist ein vertontes Gedicht aus diesem Zyklus. Natalja Sharandak gehört zu den Mitbegründerinnen des „Tschaikowsky-Fonds“, der ersten Lesben- und Schwulenorganisation in der ehemaligen UdSSR, die im Sommer 1990 ins Leben gerufen wurde. Dort war die Kunsthistorikerin für Kunst und Kultur verantwortlich.

Nachdem ihr erster Film „Die Verachteten“, den sie 1991 zusammen mit Olga Zhuk und Julie Dorf drehte, vor allem den Kampf von Lesben und Schwulen gegen Vorurteile und Diskriminierung zeigte, wollte sie diesmal „einen lyrischen Film“ machen. Es sind sehr persönliche Portraits geworden, in denen deutlich wird, wie schwierig es war und immer noch ist, in Rußland eine Identität als Lesbe zu entwickeln.

Die Überlebensstrategien der sechs Frauen könnten unterschiedlicher kaum sein. Da ist Irik, der als einziger Frau erlaubt ist, bei ihrer Arbeit als Zugschaffnerin Uniformhosen zu tragen. Mit 14 hat sie bei einem Einsatz als Erntehelferin einen Pfarrer bestochen, sie mit „ihrer Frau“ heimlich zu trauen. Die meisten der Frauen haben ihr Lesbisch-Sein jahrelang versteckt. Tatjana meint heute noch: „Das bringt doch nichts, öffentlich zu sagen, daß du lesbisch bist. Es geht doch niemand etwas an, daß du so eine bist.“ Doch es wird deutlich, daß sie darunter leidet, ihr Lesbisch-Sein zu verheimlichen. „Manchmal hört man mitten im Satz auf zu reden...“

Bemerkenswert ist das Video auch deshalb, weil es als No-Budget-Produktion entstand. Ohne den Enthusiasmus der Kamerafrau Katrin Keller, der Übersetzerin Ursula Keller und der Cutterinnen Teodora Ansaldo und Anne-Marthe Mewes wäre die Produktion nicht möglich gewesen. Nach der Weltpremiere beim Frauenfilmfestival „femme totale“ im März in Dortmund, ist der Film nun auch in Berlin, Potsdam, Bonn, Bochum, Heidelberg und Stuttgart zu sehen. Dorothee Winden

Termine in Berlin: 10.5. Frauenzentrum Ewa 20.00 Uhr, 13.5. Frauenzentrum RuT 20.00 Uhr, 16.5. KOB 19.30 und 22.30 Uhr, Potsdam: 15.5. Frauenzentrum 20.00 Uhr, Bonn: 24.5. Brotfabrik; Bochum: 13.6. Frauencafe „Tra di noi“. Heidelberg: 15.6. Frauencafe; 18.6. Frauencafe Sarah. Die Filmemacherin ist bei allen Terminen bei der anschließenden Diskussion anwesend.

Wer den Film zeigen möchte, kann sich direkt an Natalja Sharandak, Telefon: 030 / 618 49 79, wenden.

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